Krailling:Schluss mit dem Schabernack

Das Musiklokal Schabernack

Der letzte Schabernack-Wirt Klaus Paulus träumt immer noch davon, dass nach dem Abriss der Gaststätte in Krailling an der selben Stelle wieder ein Lokal entstehen könnte. Der Eigentümer hat daran aber kein Interesse.

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

Das alte Gebäude an der Margaretenstraße in Krailling wird schon bald abgerissen. Dass dies so ist, tut nicht nur den Freunden der ehemaligen Kulturkneipe leid, sondern erstaunlicherweise auch dem Eigentümer.

Von Christiane Bracht, Krailling

An der Margaretenstraße in Krailling, dort wo heute noch das alte Schabernack steht, wird schon bald eine große Baulücke klaffen. Trotz aller Proteste und Unterschriftenlisten für den Erhalt des Hauses hat sich der Eigentümer nun entschieden: Spätestens in einem halben Jahr wird die Abrissbirne die teils historischen Mauern umwerfen. Die Ausschreibung für die Arbeiten wird nun vorbereitet.

"Es tut mir auch ein wenig Leid. Das Haus gefällt mir nämlich gut", sagte er der SZ. Doch die Architekten und Statiker, die das Gebäude untersucht haben, hätten in ihren Gutachten klar dargelegt, dass eine Sanierung praktisch nicht in Frage komme. Die Dachbalken faulten, in den Außenwänden steige die Feuchtigkeit auf, zum Teil habe sich auch schon Schimmel gebildet. Zudem fehlten die Fundamente, die Wände seien auf Kies gebaut, einen Keller gibt es nicht und Dach, Fenster und Türen seien so nicht mehr verwendbar. Im Falle einer Renovierung würde aber auch die Balkenstärke im Dach nicht reichen. "Der Zwischenbau ist aus statischer Sicht ebenfalls nicht erhaltungswürdig", sagt der Eigentümer. "Man müsste 95 Prozent austauschen, damit wäre es ohnehin ein Neubau, nur eben viel teurer."

Das Landesamt für Denkmalpflege will seine Hand auch nicht schützend über das Haus halten. Einige Kraillinger hatten die Behörde im vergangenen Jahr angerufen, um einen Abriss zu verhindern. Doch bei einer Besichtigung im Januar kamen die Denkmalschützer zu der Erkenntnis, dass im Laufe der vergangenen 200 Jahre zu viel verändert wurde. "Im Kern ist es ein älterer Bauernhof aus dem 19. Jahrhundert", erklärt Detlef Knipping, der sich um die Denkmalliste in Oberbayern kümmert. "Doch vor allem im Erdgeschoss ist es sehr stark verändert worden. Teile des Außenmauerwerks sind noch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts." Der Gaststättenanbau stammt aus dem Jahr 1890, seinerzeit war dies der so genannte Bernrieder Hof, eines der ersten Wirtshäuser in Krailling, doch weder die Raumaufteilung, noch alte Türen oder ähnliches weist heute noch auf ein typisches Wirtshaus aus dem 19. Jahrhundert hin, erklärt der Experte. Aber auch das Bauernhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Stube, Kammer, Küche und Stall, kann man heute nicht mehr erkennen. "Es ist noch ein kleines Stückchen Scheune da. Der Rest ist eine simple Konstruktion aus dem frühen 20. Jahrhundert", sagt Knipping. "Es ist ein nettes Häuschen, ein altes Gebäude mit Flair, das schon." Aber das reiche nicht.

"Damit ist die Diskussion beendet", sagt Stephan Ottmar, einer der Schabernack-Anhänger enttäuscht. "Vor vollendeten Tatsachen zu stehen, fühlt sich nicht besonders gut an." Ganz unvorbereitet hat es die früheren Schabernackbesucher um Ottmar aber nicht getroffen. "Das Ziel des Eigentümers war immer der Abriss und ein identischer Neubau", klagt er. "Nun scheint er dem Ziel weiter zu folgen." Man habe die Bürgermeisterin noch dazu bewegt, einen Tausch anzubieten. Doch der Eigentümer wollte darauf nicht eingehen. "Aus steuerlichen Gründen", erklärt dieser nun der SZ. Für einen Tausch hätte er erneut Grunderwerbssteuer zahlen müssen und noch manch andere Abgabe ans Finanzamt. "Das wäre ein unüberschaubarer Schaden", sagt er.

Laut aktuellem Bebauungsplan darf der Eigentümer nach dem Abriss nur ein etwa halb so großes Gebäude an die Margaretenstraße bauen. Im Erdgeschoss müsste gewerbliche Fläche sein, in den Obergeschossen könnten Wohnungen eingerichtet werden. Büros, einen Laden, Künstler oder eine Arztpraxis - alles könne er sich vorstellen, nur eine Kneipe nicht mehr, sagt der Eigentümer auf Anfrage der SZ. "Das können sich nur noch Brauereien leisten." Besondere Entlüftung, Einrichtung, Personal-WCs und so weiter, das sei dreimal teurer als der Bau eines Ladens, nur könne man nicht dreimal so viel an Pacht verlangen, erklärt er.

Der frühere Wirt des Schabernacks, Klaus Paulus, der im Sommer die Kneipe für immer geschlossen hat, kann dem nicht ganz folgen. "Der Eigentümer muss nur eine Grundstruktur schaffen", weiß er. "Um die Einrichtung kümmert sich die zuständige Brauerei und die Kühlanlage ist Sache des Wirts. Im Übrigen ist die Pacht deutlich höher als eine Ladenmiete." Paulus kann aber verstehen, dass der Eigentümer das Haus abreißen lassen will - auch wenn er sich sicher ist, dass dieser an manchem Schaden nicht ganz unschuldig ist, weil er sich um kaputte Dachziegel oder eine tropfende Leitung nicht gekümmert habe. Trotzdem will Paulus sich nun auf Facebook dafür einsetzen, dass die Optik an der Margaretenstraße gleich bleibt. Dass der Eigentümer damit ein fast doppelt so hohes Baurecht bekäme, findet er nicht anrüchig - zumindest dann nicht, wenn dieser sich dazu verpflichtet, im Erdgeschoss eine Wirtschaft mit Bühne einzurichten, damit es wieder die Möglichkeit gäbe, dort Konzerte zu haben.

Außerdem sollte auch ein separater Kulturtreff im Sinne eines Bürgertreffs an dieser prominenten Stelle im Ort eingerichtet werden, so der frühere Wirt. Dies käme nicht nur den Senioren zugute, die sich schon lange einen solchen Raum wünschen, sondern auch den Freunden des früheren Schabernack, die seit acht Monaten ihren Treffpunkt vermissen. Seine Vision soll aber nicht zu seinem Vorteil sein, deshalb stellt Paulus sofort klar, dass er die Wirtschaft keinesfalls betreiben wolle. Bürgermeisterin Christine Borst sagt dazu nur: "Über eine Erhöhung des Baurechts muss der Gemeinderat entscheiden." Der Antrag auf Abriss ist übrigens auch noch nicht gestellt.

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