Krailling:Mesnerin aus Leidenschaft

Mesnerin Maria Gutjahr erhält die Bürgermedaille; Maria Gutjahr aus Fronloh

Maria Gutjahr in ihrer Lieblingskirche, die nur wenige hundert Meter von ihrem Haus entfernt liegt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Maria Gutjahr kümmert sich um die Nikolauskirche in Frohnloh und erhält dafür die Bürgermedaille

Von Carolin Fries, Krailling

"Was wollen's denn schon wieder?" hat sich Maria Gutjahr gefragt, als in der vergangenen Woche ein Brief aus dem Kraillinger Rathaus im Briefkasten der 78-Jährigen in Frohnloh lag. Der zweite in dieser Woche. Kurz darauf standen ihr Tränen in den Augen. Der Einladung zum Essen für die Ehrenamtlichen hatte die Gemeinde die Mitteilung hinterhergeschickt, dass Gutjahr beim Neujahrsempfang im Januar mit der Bürgermedaille der Gemeinde geehrt werden soll. "Ich war sowas von baff", erzählt sie, wusste sie zunächst doch gar nicht, wofür sie die Auszeichnung verdient hätte.

Die Begründung der Gemeinde liest sich folgendermaßen: "Frau Gutjahr betreut seit mehreren Jahrzehnten in vorbildlicher Weise die kleine Kirche St. Nikolaus in Frohnloh als Mesnerin." Und weiter: "Frau Gutjahr trägt so uneigennützig und ehrenamtlich in erheblichem Maße zum Zusammenhalt im Dorfleben des kleinen Ortsteils von Krailling bei."

Maria Gutjahr kann es immer noch nicht glauben, denn für sie ist es selbstverständlich, dass sich jemand um die Kirche kümmern muss. Sie hat das Amt vor etwa 40 Jahren zusammen mit ihrer Tante vom Großvater übernommen. "Er hat noch zweimal täglich mit der Hand geläutet", erzählt sie, mittags um zwölf und abends das Angelusläuten. "Ich habe das nicht mehr gekonnt", sagt die Witwe. Bei der Renovierung des Kirchleins 1997 wurde ein elektrisches Geläut eingebaut, außerdem eine Alarmanlage.

Meist ist die Kirche seither verschlossen, Gottesdienste finden nur unregelmäßig montagabends statt, höchstens zweimal im Monat. "Schade", sagt Maria Gutjahr. Und meint damit auch den Umstand, dass viele Kirchenbänke inzwischen leer blieben und es seit Jahren schon keine Ministranten mehr gebe. Sie putzt die Kirche, wäscht das Gewand des Pfarrers, schmückt den Altar mit Blumen. Im Sommer streift sie durch den Ort und schneidet in den Gärten ab, was sie braucht, "das darf ich."

Alle 14 Tage geht sie inzwischen die paar hundert Meter hinüber zur Kirche und sperrt die schwere Holztüre auf. Ein schlichter Bau, der von einem mindestens 300 Jahre alten Altar dominiert wird, der seit der Renovierung in seinen Originalfarben rot und blau erstrahlt. Eine Sakristei gibt es nicht, der Pfarrer muss sich in einem Schlupf hinter dem Altar umziehen. Hier sorgt Maria Gutjahr für Ordnung, legt den Wettersegen bereit, wenn er an der Reihe ist, sortiert die Bücher für die Lesungen. "Eigentlich alles" schätze sie an dieser Kirche sagt die gebürtige Frohnloherin. Erst seit ihrem zehnten Jahr ist sie Katholikin, "ich wurde umgetauft". Die fränkische Mutter habe die Kinder damals evangelisch taufen lassen. Als sie 1946 starb und der Vater nicht aus dem Krieg zurückkam, kümmerten sich die Großeltern um die Kinder und "haben uns katholisch gemacht", wie Gutjahr erzählt.

Im Sommer steht die Kirche sonntags immer offen, im Winter muss bei ihr klingeln, wer einen Blick in die Kapelle werfen will. Sie freut sich besonders, wenn hier ein Kind aus dem Dorf getauft wird oder eine Hochzeit gefeiert wird. Höhepunkt aber sei jedes Jahr das Patrozinium. "Da ist die Kirche randvoll." Ihr Schwiegersohn spielt dann oben auf der Empore an der Heimorgel, Enkeltochter Melanie liest vor dem Altar. "Ein Familienunternehmen" soll der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa die Frohnloher Kirchengemeinde einmal genannt haben, erzählt Maria Gutjahr nicht ohne Stolz.

Mit 80 Jahren will sie aufhören, das hat sie angekündigt. Sie ist noch auf der Suche nach einem Nachfolger. Momentan interessiert sie vor allem, wer sie für die Bürgermedaille vorgeschlagen hat: "Ich habe sogar nachgefragt, aber man will es mir nicht sagen."

Patrozinium der Sankt Nikolauskirche in Frohnloh, Festgottesdienst am Sonntag, 10. Dezember, um 10.15 Uhr. Im Anschluss wird vor der Kirche Glühwein ausgeschenkt.

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