Krailling:Endstation Tanklager

Siemens lässt hochmoderne Vectron-Lokomotiven einfach abstellen. Die Gemeinde ist von dieser Nutzung nicht begeistert.

Christiane Bracht

Ein zweites Gewerbegebiet auf dem ehemaligen IVG-Tanklagergelände - das will die Gemeinde Krailling auf jeden Fall verhindern. Deshalb ist man nun alarmiert. Zahlreiche Lokomotiven stehen derzeit auf den Gleisen des Tanklagergeländes. Nachts seien sie dort hingerollt worden, berichteten irritierte Bürger der Rathausverwaltung.

Es sind hochmoderne Elektrolokomotiven der neuen Siemens-Baureihe "Vectron", die sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr geeignet sind und bei entsprechender Ausrüstung 200 Stundenkilometer fahren können. "Die Loks sind in Allach für die Belgische Staatsbahn produziert worden", erklärt Siemens-Sprecherin Ellen Schramke auf SZ-Nachfrage. Eingeweihte können dies auch anhand der Kennzeichen auf den Loks erkennen. "Das Zulassungsverfahren des Eisenbahnbundesamts zieht sich länger hin als gedacht", sagt Schramke. Deshalb müssten rund 70 Loks gelagert werden. Doch auf dem Allacher Werksgelände sei nicht so viel Platz gewesen, sodass man die Gleise des Tanklagers von der Viktoriagruppe angepachtet habe. "Wir hoffen, dass die Loks Ende des Winters ausgeliefert werden können", sagt Schramke.

Christoph Hoenning, der Geschäftsführer der Viktoriagruppe, die nun Eigentümerin des rund 230 Hektar großen ehemaligen IVG-Geländes ist, bestätigt, dass die Loks nur bis zum Frühjahr 2012 dort stehen. Allerdings seien es deutlich weniger als 70 Loks. Die Zahl liege "mehrfach außerhalb der realen Stückzahl", erklärt Hoenning der SZ. "Denn die Infrastruktur bietet für eine derartige Abstellung nicht die nötige Kapazität."

In der Gemeinde ist man jedenfalls wenig glücklich über diese Untervermietung, hat man die Viktoriagruppe doch erst vor einigen Monaten gebeten, alle Mietverhältnisse zu beenden. Zeitweilig gab es nämlich mehrere Betriebe, die Dinge auf dem Gelände im Kreuzlinger Forst gelagert hatten. Die neuen Eigentümer kündigten laut Bürgermeisterin Christine Borst auch allen. Nur die Firma Zeltwerk darf noch bis Ende des Jahres auf dem Areal bleiben, weil sie so schnell keinen anderen Lagerplatz gefunden hatte. Wegen der Loks hat sich die Gemeinde bereits an das Landratsamt gewendet, das derzeit prüft, ob das Abstellen der Züge rechtens ist.

Eisenbahnrechtlich ist die Nutzung o.k.", sagt der Sprecher der Regierung von Oberbayern, Heinrich Schuster, auf Nachfrage. Es gebe eine Anzeigepflicht, und dieser sei Siemens auch nachgekommen. Ob eine Beseitigungsanordnung ergehe, hänge nun unter anderem davon ab, ob das Abstellen von Loks den Zielen des Flächennutzungsplans entspreche, erklärte Landratsamts-Sprecher Stephan Diebl. Dieser wird gerade von der Gemeinde überarbeitet. Grund: Die militärische Nutzung ist nach dem Verkauf des Geländes an die Viktoriagruppe weggefallen. Außerdem will man eindeutig festlegen, dass nichts anderes als ein Tanklager auf dem Gelände betrieben werden soll. Im Moment ruht das Verfahren ein wenig, weil die Gemeinde erst nach Plänen forschen musste.

Der Gemeinderat hat sich nämlich in einer der vergangenen Sitzungen darauf verständigt, dass die Tanklagerflächen so klein wie möglich gehalten werden sollen zugunsten des Naturschutzes. Durch die jahrelange Sperrzone und die militärische Nutzung sind nämliche zahlreiche Biotope auf dem Areal entstanden. Seltene Pflanzen und Tiere haben sich angesiedelt. Um die Größe des Tanklagers genau umreißen zu können, brauchte man jedoch Pläne, in denen auch die unterirdischen Tanks und Leitungen eingezeichnet sind. Auf den Karten, die die Viktoriagruppe der Gemeinde überlassen hatte, waren die Details nicht so recht zu erkennen. Doch jetzt habe man brauchbares Material von Hans-Dieter Götz bekommen, der vor zwei Jahren das Buch "Geheime Reichssache Wifo" herausgebracht hatte, sagt Bauamtsleiter Helmut Mayer. Und im Gemeindearchiv ist man auch fündig geworden. Unter anderem gab es noch historische Luftaufnahmen, mit denen man die Pläne abgleichen könne. Anfang Dezember wird der Flächennutzungsplan weiter vorangetrieben.

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