Krailling:Die Generationen-Werkstatt

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Von Ferdinand Hartmann (r.) stammt die Stahlskulptur "Ölbaum"; sein Vater, der gelernte Architekt und Renaissance-Experte Uli Hartmann präsentiert farbige Gemälde mit rechteckigen Strukturen. (Foto: Arlet Ulfers)

Im Rathaus Krailling zeigen Ferdinand und Uli Hartmann ihre Kunstwerke, die kaum gegensätzlicher sein könnten: Der malende Vater folgt dem Goldenen Schnitt, der Sohn lotet Materialeigenschaften aus

Von Katja Sebald, Krailling

Bei "Werkstatt Hartmann" mag man an die großen Malerwerkstätten der Renaissance denken, natürlich auch an die der Familie Cranach, in der gleich mehrere Generationen arbeiteten. Und so weit entfernt ist dieser Vergleich gar nicht: Die "Werkstatt Hartmann", die bis 28. April ihre Erzeugnisse im Kraillinger Rathaus zeigt, besteht aus dem Architekten Uli Hartmann und seinem Sohn, dem Bildhauer Ferdinand Hartmann. Zumindest Uli, Jahrgang 1941, beschäftigte sich viele Jahre seines Berufslebens mit dem berühmtesten Renaissancebau Bayerns. Als Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege und der Schlösserverwaltung war er mit der Landshuter Stadtresidenz betraut. Und so war es denn auch ein Bauplan dieses veritablen italienischen Palazzo, der ihn vor rund zwanzig Jahren zum Malen anregte: Direkt darauf entstand sein erstes Bild. Seither beschäftigt er sich mit den Gesetzen des Goldenen Schnitts, der für die Renaissance-Architektur von so entscheidender Bedeutung war. Dessen Proportionen, ausgehend vom Quadrat, sind Grundlage seiner Malerei.

Er selbst spricht von "Konkreter Malerei", wobei man einschränkend sagen muss, dass "Konkrete Kunst" längst historisch geworden ist und sich auf eine Strömung des 20. Jahrhundert bezieht, die bis heute als radikaler Bruch mit einer bis dahin gültigen Kunsttradition gilt. Proportion, Logik, Rhythmus und Reihung stehen am Anfang der Bildkonstruktionen von Uli Hartmann. Sobald jedoch Farbe ins Spiel kommt, wird sein Vorgehen intuitiv. "Das Endergebnis ist am Anfang nicht bekannt", sagt er. So entstehen Bilder, die über rein formale Überlegungen hinausgehen und trotz klarer Farben und starker Kontraste eine große Ruhe ausstrahlen.

Hauptthema der plastischen und grafischen Arbeiten von Ferdinand Hartmann ist das Ausloten bestimmter Materialeigenschaften. Er studierte Kunsterziehung und Bildhauerei bei Albert Hien in München, er unterrichtet am Gymnasium Tutzing. Seine bevorzugten Werkstoffe sind Metall, Kohle und Bitumen. An den im Rathaus ausgestellten Metallskulpturen ist ein weiterer Sohn der Familie beteiligt, der als Kunstschlosser seine Werkstatt zur Verfügung stellt. Hier werden vorgefertigte Bauteile, etwa ein großer T-Träger, künstlerisch weiterbearbeitet, gebogen, gedreht, verformt oder im oberen Bereich angeschmolzen. Aus Teilen eines zerschnittenen Öltanks baut der Bildhauer einen rostig-zerfransten "Ölbaum", den die Gemeindeverwaltung aus Sicherheitsgründen schon vor der Vernissage mit einem Absperrband gesichert hat. Denkbar minimalistisch - und obendrein gänzlich ungefährlich - sind hingegen die "Kohlezeichnungen", für die der Künstler trommelförmige Körper mit Papier auskleidete und mit Kohle füllte. Diese Trommeln rollte er auf dem Boden, bis von der Kohle nur schwarze Strukturen auf dem Papier übrig blieben. Die interessantesten Arbeiten der Ausstellung sind jedoch die Versuchsanordnungen mit Bitumen: Sie zeigen zunächst feste Körper, die sich mit zunehmender Erwärmung nach und nach verflüssigen. Die verschiedenen Verformungszustände seiner "Plastiken" hielt der Künstler mit der Kamera fest, jetzt zeigt er sie als Fotoserien.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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