Krailling:Blaues Kreuz sucht neue Bleibe

Die Diakonie gibt Hilfszentrum für Suchtkranke auf, obwohl der Bedarf weiterhin sehr groß ist.

Christiane Bracht

33 Jahre war die Hilfsorganisation der Diakonie, das Blaue Kreuz, in Krailling - und das nicht nur in einem Haus. Werkstätten und Büros waren an der Sanatoriumswiese untergebracht, Einzel- und Gruppentherapien für Alkoholkranke fanden an der Würm statt, gleich nebenan wohnten zwölf Männer während ihrer zwölfwöchigen Rehabilitationsphase. Doch jetzt hat sich die Einrichtung fast ganz aus Krailling zurückgezogen. Geblieben ist lediglich eine Selbsthilfegruppe und eine Wohngemeinschaft an der Gautinger Straße, in der fünf trockene Alkoholiker leben.

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(Foto: dpa)

Wir waren in Krailling gut integriert", sagt Brigitte Wick, die Leiterin des Blauen Kreuzes in München. Aber die gesetzlichen Vorschriften und Anforderungen der Rentenversicherer hätten sich im Laufe der Jahre sehr verändert und in dem alten Haus an der Würm habe man diese einfach nicht erfüllen können. Als dann Ende vergangenen Jahres Bäume gekennzeichnet wurden und Architekten mit Plänen aufkreuzten, haben wir uns entschieden, zu kündigen, sagt Wick. "Manchmal muss man einfach einen Schnitt machen, um wieder Energie für Neues zu haben."

Und die braucht sie auch, denn sie sucht nach einer neuen Bleibe für Suchtkranke, die ihre Entziehungskur beendet haben und ihr Leben neu ordnen müssen, indem sie Kontakte zu Familie und Partnern knüpfen, eine Arbeit suchen und allerhand Behördengänge erledigen. Eigentlich bemüht sich Wick schon seit mehr als einem Jahr, doch bisher erfolglos. In Vaterstetten hatte sie Anfang des Jahres ein früheres Appartementhotel in Aussicht. Die Gemeinde stimmte zwar bereitwillig den nötigen Änderungen zu, aber dann war die Miete zu hoch.

Es ist sehr schwierig", sagt Wick. Die Vorurteile gegen Suchtkranke sind allgegenwärtig. Wenn die Vermieter hörten, wer in ihr Haus einziehen soll, sagten sie meist sofort ab. Das andere Problem sei der Rentenversicherer, der Einzelzimmer mit Nasszelle und Kochgelegenheit fordert, aber keinesfalls mehr als die ortsübliche Durchschnittsmiete zahlen möchte. 20 Betten würde sich Wick wünschen irgendwo in München oder Umgebung. "Dann könnten wir nicht nur Männer, sondern auch Frauen dort unterbringen", sagt sie. Der neue Eigentümer des Kraillinger Hauses an der Würm hat ihr einen Neubau angeboten. Doch Wick musste ablehnen: Auch hier sei der Preis zu hoch gewesen.

Seit das Blaue Kreuz das Haus an der Würm am 30. Juni verlassen hat, gibt es laut Wick nur noch in Kieferngarten eine derartige Wohngemeinschaft für Suchtkranke in der Adaptionsphase. "Ein gewisser Stau" werde entstehen für die Entgifteten, die künftig aus der Klinik entlassen werden, prophezeit sie. Denn der Bedarf für eine weitere Einrichtung sei auf jeden Fall da. Alle Männer, die in Krailling waren, durften übrigens ihre Reha beenden, versichert Wick. "Wir haben niemanden rausgeschmissen." Eine Werkstatt brauche das Blaue Kreuz nicht mehr, sagt Wick. Aber ein neues Büro im Landkreis Starnberg will sie schon.

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