Krach auf dem heiligen Berg:Niederlage für Andechser Patres

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Oberlandesgericht gibt im Markenrechtsstreit der Biomolkerei Scheitz recht - und erstaunt die Gegenseite

Otto Fritscher

Andechs Kloster, Abt Johannes Andechs Kloster, Abt Johannes im Kapitelzimmer o.Kapitelsaal, Bilder v.l. Abt Gregor Rauch - Abt 1791-1803, letzter Abt von Andechs vor der Säkularisation, Abt Hugo Lang 6.Abt v. St.Bonifaz und Andechs. Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Man hört ihr die Erleichterung sogar am Telefon an: "Ich bin froh, heilfroh sogar", sagt Barbara Scheitz, Inhaberin der Andechser Bio-Molkerei Scheitz, nachdem sie das Urteil im Prozess Klostergaststätten Andechs GmbH gegen die Molkerei am Donnerstagnachmittag vernommen hat. Denn so wie es aussieht, kann Scheitz einen Erfolg auf ganzer Linie verbuchen, zumindest vor dem Oberlandesgericht München. Die Molkerei darf weiter auf Milchtüten und Joghurtbechern mit dem Hinweis auf ihre mehr als hundertjährige Tradition werben. Und auch der Streit um die Frage, wo das kleine Markenschutz-R platziert werden muss, ist zu ihren Gunsten entschieden.

Es sind Sätze, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen: "Der Schriftzug ,Seit 1908' stellt keine Irreführung dar", sagt der Vorsitzende Richter Konrad Retzer in einer kurzen Urteilsbegründung. Scheitz habe "die Firmen- und Familientradition akribisch nachgewiesen", deshalb dürfe auch damit geworben werden. Die Andechser Klostergaststätten GmbH hatte argumentiert, die Tradition des Unternehmens Scheitz sei von 1965 bis 1976 unterbrochen gewesen, als Georg Scheitz seinen Andechser Betrieb in die Genossenschaft der Milch-Union Schorn bei Starnberg eingebracht hatte. Diese ging dann pleite, und Scheitz gründete 1980 seine zweite Firma. Auch im zweiten strittigen Punkt gab das Oberlandesgericht der Molkerei recht. Scheitz hatte sich die Marke "Andechser Natur" schützen lassen, was durch das kleine R im Kreis hinter dem Wort ,Andechser' angezeigt wird. Wie viele Millimeter muss dieses R von dem Wort entfernt stehen?, war eine Frage im Verlauf des Prozesses gewesen. "Der Kunde, der Milch kauft, macht sich keine Gedanken darüber, ob das R hinter ,Andechser' oder ,Natur' steht. Für die Kaufentscheidung hat das keine Bedeutung", sagt Retzer nun - womit klar ist, dass es sich nicht um Irreführung der Verbraucher handelt. Die Klostergaststätten GmbH hatte wegen "Anmaßung von Markenrechten" gegen Scheitz, nach eigenen Angaben die größte deutsche Bio-Molkerei, geklagt. 200 Mitarbeiter verarbeiten dort jährlich 93 Millionen Liter Bio-Kuhmilch.

Ernüchterung dagegen im Kloster: "Für uns kommt die Entscheidung des Oberlandesgerichts überraschend. Wir bedauern, dass das Gericht unserer Argumentation nicht gefolgt ist," sagt Martin Glaab, Sprecher der Andechser Klostergaststätten GmbH. "Da wir in der Entscheidung eine grundsätzliche Schwächung von Markenrechten in Deutschland sehen, werden wir die Begründung des Urteils sorgfältig prüfen und mögliche nächste Schritte abwägen." Was nichts anderes heißt, als dass das Kloster überlegt, ob es sich an die nächsthöhere Instanz, den Bundesgerichtshof, wenden soll.

Barbara Scheitz indes hofft, dass die Streitigkeiten nun endlich vorbei sind. "Acht Jahre prozessieren wir jetzt schon in insgesamt fünf Instanzen mit dem Kloster, das hätte man sich alles von vorn bis hinten sparen können." Denn den Rechtsstreit hätten zwei Unternehmen geführt, die sich laut Scheitz "im Markt nicht behindern, sondern einander gut tun. Das Kloster mit dem Bier, die Molkerei mit den Milchprodukten, das passt doch gut zusammen", findet die Geschäftsführerin. Ihr habe der Rechtsstreit "viele schlaflose Nächte bereitet", zudem sei es ein sehr großes Risiko, wenn man die Tradition eines Unternehmens vor Gericht infrage stelle. "Schon mein Urgroßvater hat in Andechs Käse zubereitet", sagt Scheitz. In Andechs keimt nun wieder Hoffnung auf, dass im Dorf endlich Frieden zwischen den in Sichtweite befindlichen Unternehmen einkehrt. "Ich hoffe, dass über die Sache schnell Gras wächst und wir zur bayerischen Tradition ,Leben und leben lassen' zurückkehren können", sagt Barbara Scheitz. Und: "Ich wäre froh, wenn es zu einem Gespräch mit Abt Johannes Eckert käme. Ich werde auf ihn zugehen."

© SZ vom 17.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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