Konzerte:Ambitioniert und leidenschaftlich

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Faible für seltene Konzertliteratur: Die Geigensolistin Anna Sophie Dauenhauer spielte in Gauting ein Violinkonzert von Goldmark. (Foto: oh)

Mit einem anspruchsvollen, ungewöhnlichen Konzertprogramm ernten Anna Sophie Dauenhauer und die Orchestervereinigung Gauting nach unsicherem Start begeisterte Ovationen

Von Reinhard Palmer, Gauting

Das Publikum ist manchmal sonderbar. Bei Auftritten im Bosco hatte die Orchestervereinigung Gauting trotz populärer Repertoires nur wenige Zuhörer. Doch die Gautinger Realschule füllte das Ensemble am Sonntag fast völlig, obwohl nicht gerade Publikumsrenner auf dem Programm standen. Sibelius' sinfonische Legende "Der Schwan von Tuonela" führt düster in die Unterwelt der finnischen Mythologie. Das romantische Violinkonzert a-Moll von Karl Goldmark (1830 - 1915) ist zwar brillant berauschend - doch ist der Komponist nur ausgewiesenen Kennern ein Begriff. Einzig Mendelssohns sogenannte Schottische Sinfonie mit ihrem klangmalerischen Farbenreichtum dürfte einige Sinfonik-Anhänger unmittelbar ins Konzert gelockt haben.

Sich als Violinvirtuose für rare Konzertliteratur einzusetzen und auch Schüler-Lehrer-Verhältnisse zu beleuchten, ist ansteckend. Verfolgt man den Weg zurück, so findet sich in der Künstlervita meist Ingolf Turban unter den Lehrern. Anna Sophie Dauenhauer lieferte auch im Vortrag ein weiteres Indiz für Turbans Einfluss: ihr unangestrengt virtuoses Spiel, das heraus mitzureißen vermag. Die 1982 geborene Künstlerin ist längst eine versierte Konzertgeigerin, die schon einige große Auftritte erfolgreich absolviert hat, etwa bei der Münchener Biennale. Trotz der äußerlichen Musikalität erwies sich Goldmarks Konzert aber als höchst unbequem - schon alleine, weil der Solopart fast unaufhörlich und aufdringlich im Vordergrund steht. Dauenhauer verstand es jedoch, das schier endlose Mäandern ihrer Stimme im weiten Spannungsbogen anzulegen und einem schlüssigen dramaturgischen Aufbau zu unterziehen.

Der Orchestervereinigung Gauting fiel die Aufgabe zu, die adäquate Atmosphäre zu hinterlegen und Dauenhauer die nötige Freiheit der Phrasierung zu ermöglichen. Dorian Keilhack agierte am Pult stringent, hatte jedoch keine Mühe, das Ensemble exakt zu führen. Bei Sibelius zu Beginn des Konzerts erwies es sich noch als etwas schwierig, das getragene Tempo auch in den weiten Zurücknahmen in die leisesten Bereiche des Streicherensembles streng einzuhalten. Die nordische, geheimnisvoll mystische Atmosphäre überzeugte dennoch. Im Violinkonzert gelang es sicher, das sinfonische Auf und Ab des Orchesterparts der Dramaturgie des Werkes folgen zu lassen, bis hin zum rhythmisierten Finale mit tänzerischer Verve.

Mit der Mendelssohn-Sinfonie hatte sich Keilhack einen großen Meilenstein fürs Orchester vorgenommen. Ging es im Kopfsatz zunächst etwas konstruiert zu, so erreichte das Orchester bald die nötige Konzentration, um die reichhaltigen Gefühlslagen zielsicher wiederzugeben. Wunderbar spielfreudig in leicht galoppierender Heiterkeit kam das Vivace non troppo. Breit fließend mit einfühlsamer Melodik und austarierter Balance zwischen Bläsern und Streichern sprach indes das Adagio an. Auch der Schlusssatz überzeugte mit seiner straff eingeleiteten Entwicklung, die durch viele emotionale Tiefen und Höhen führte und schließlich den Spannungsbogen in ein feierlich schreitendes Finale münden ließ. Ovationen.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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