Konzert:Galanterie trifft auf Musizierlust

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"De l'esprit français" hat das Trio Jenny Westman, Bernhard Gillitzer und Eva-Maria Röll sein Konzert im Kurparkschlösschen überschrieben. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Eva-Maria Röll, Jenny Westman und Bernhard Gillitzer spielen in Herrsching französische Barockmusik

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Es war im fast ausgebuchten Kurparkschlösschen Herrsching zu Gast beim Kulturverein eine kleine Lehrstunde der französischen Barockmusik und eine Antwort auf die immer spannende Frage: Was passierte zwischen den großen Phasen der Musikgeschichte? In diesem Fall nach der Epoche der Kunst am Hofe des Sonnenkönigs. "De l'esprit français - oder - Frühling in Versailles" betitelte das Trio vielversprechend das Konzert in historischer Aufführungspraxis, das in die Zeit des bezifferten Generalbasses und der Befreiung aus dem Diktat des Absolutismus entführte. In die Zeit, in der es das Klaviertrio im Sinne der späteren Wiener Klassik noch nicht gab. Wenn hier also diese Besetzung zu hören war, dann in Werken für Cembalo und begleitende Streicher oder für Violine solo mit Basso continuo. Oder eben in solistischen Kompositionen, in denen Eva-Maria Röll (Barockvioline), Jenny Westman (Viola da Gamba) und Bernhard Gillitzer (Cembalo) ihre virtuose Brillanz vorführten und mit melismenreicher Ausgestaltung die Klangwelt einer neuen, wenig beachteten Epoche erschlossen. Der Epoche, deren politisch motivierter Bruch mit der französischen Tradition die Komponisten geradezu dazu nötigte, den großen italienischen Vorbildern zu folgen.

Die drei gewandten Musiker trafen zielsicher den besonderen Ton dieser Werke, der die expressive italienische Manier mit einem Nachhall galanter Geschmeidigkeit und Melancholie zu einem packenden Mix ausbalancierte. Das funktionierte sowohl tänzerisch beschwingt, so etwa in "Premier Concert" für Cembalo und begleitende Streicher von Jean-Philippe Rameau in La Livri, wie auch in lyrisch sinnierender Art, so in der Violinsonate mit Basso continuo "La Forcroy" von Louis-Antoine Dornel gleich im eröffnenden Prélude. Sowohl der Gelehrte Rameau wie auch der Organist Dornel waren aber auch noch stark in der französischen Tradition verhaftet, wenn auch gerade bei Letzterem der lustvolle, sinnenfreudige Zugriff der extrovertierten Italiener deutliche Spuren hinterließ. In den Variationen über das melodisch-harmonische Satzmodell la Folia von 1701 für Gambe und Basso continuo wurde die Auseinandersetzung der Stile von Marin Marais indes geradezu zum Programm erhoben. Ausgehend von der wogenden Melancholie in tänzerischer Rhythmisierung entwickelten Westman und Gillitzer zunehmend einen fahrig-virtuosen Ansatz, der sich deutlich an der italienischen Affektdarstellung orientierte.

Doch ob nun italienisch oder französisch: Was dabei herauskam, war doch wieder etwas sehr Eigenes, reich an Ausdruckstiefe und kontrastierenden Wirkungen. Dahingehend wunderbar die Sarabande in "Septiéme Concert" aus "Les Gouts réunis" (Vereinter Geschmack) von François Couperin, die der Komponist ins Zentrum gesetzt hatte - umgeben von beherzten, teils tänzerisch hüpfenden oder rhythmisiert wogenden Sätzen. Dass Couperin selbst ein großer Cembalist gewesen ist, gab Gillitzer einen reichen Begleitpart an die Hand, in dichter Textur eine überaus klangsinnliche Unterlage zu kreieren, über der Röll packend zu florieren vermochte. Cembalovirtuose war auch Jacques Duphly, der es denn auch verstand, das Instrument wirkungsvoll in Szene zu setzen. Der Nachbau des Cembalos aus der französischen Werkstatt von Pascal Taskin aus dem Jahr 1769 bot auch stimmig einen farbenreichen Klang, den Gillitzer in fesselnder Phrasierung und dichter Textur von zwei Stücken aus Puphlys "Second livre de piéces de clavecin" konzertant ausschöpfte. Genauso machte es sich im instrumentalen Satz deutlich bemerkbar, dass Jacques Morel Gambist gewesen ist. Sein Spiel mit den klanglichen Möglichkeiten zeigte in seiner "Chaconne en Trio" einen feinsinnigeren Umgang. Instrumentale Verbindungen, bisweilen auch Aussetzen von Instrumenten überraschten mit ihrem Variantenreichtum.

Lang anhaltender Applaus und eine Wiederholungszugabe.

© SZ vom 26.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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