Kommentar:Vorwärts im Stillstand

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So etwas hat Starnberg noch nie erlebt

Von Peter Haacke

So etwas hat Starnberg noch nie erlebt: Die Demonstration unter dem Motto "Wir haben das Nichtstun satt! Saubere Luft in Starnberg" hat nicht nur den Kern einer Jahrzehnte alten Unmutsdebatte in der Kreisstadt getroffen, sondern auch auf beeindruckende Weise vor Augen geführt, dass Starnberg endlich eine Verkehrslösung braucht. Dem Anliegen hätten somit grundsätzlich wohl alle betroffenen Starnberger zustimmen können: 40 000 Fahrzeuge rollen täglich auf dem Nadelöhr Bundesstraße 2 durch diese Kleinstadt. Doch am Montagabend rollte für kurze Zeit gar nichts mehr, es herrschte Stillstand - Sinnbild auch für die politisch vertrackte und vergiftete Situation der Stadt am See. Denn im Hinblick auf eine machbare Verkehrslösung geht schon lange nichts mehr voran - sehr zum großen Verdruss der Bevölkerung.

Der Bau eines Tunnels ist zwar schon seit Jahren genehmigt und geplant, aber noch längst nicht finanziert. Zudem ist über die Jahre erbitterter Widerstand gegen dieses Bauwerk erwachsen. Die Tunnel-Gegner aber setzen als vermeintliche Alternative auf den Bau einer Umfahrung - irgendwie, irgendwo und irgendwann im Norden der Stadt, mitten durch FFH-, Natur- und Wasserschutzgebiete. Ein höchst fragwürdiges Unterfangen, das bislang jedoch ausschließlich ein unkonkretes Produkt der Fantasie ist.

Die Demonstration am Montag war überfällig, konsequent und richtig. Die Idee dazu hätte gar von der Umfahrungs-Allianz stammen können. Doch auch genervte Autofahrer im Stau zählten als Verursacher von endlosen Blechlawinen, Feinstaub und Stickstoffdioxid zu jener Zielgruppe der Demo, die sich im Übrigen nicht sonderlich fürs Schicksal Starnbergs interessierte: Schon seit Wochen war die Demonstration angekündigt, man hätte die Kreisstadt meiden können. Auch deshalb haben die Organisatoren - CSU, UWG, SPD und Grüne - im Vorfeld der Stadtratsneuwahlen einen Volltreffer gelandet. Trotz des ausgebliebenen Verkehrschaos sollte die Demo jedoch nicht allein als Signal für Politiker in Berlin oder München interpretiert werden: Die Veranstaltung war vor allem ein Wahlaufruf für den 19. April.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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