Kommentar:Umdenken dringend nötig

Die wirklichen Probleme des Klimawandels lassen sich nicht durch Zertifikatehandel lösen

Von Otto Fritscher

An der einen Stelle etwas zerstören, was man an anderer Stelle wieder gut zu machen versucht. Nach diesem Prinzip geht auch der Starnberger Kreistag vor, wenn er eine Fläche aus einem Landschaftsschutzgebiet herausnimmt, weil ein Gewerbegebiet erweitert werden soll. Dann müssen Ausgleichsflächen andernorts ausgewiesen werden. Ein Deal, wie man heute sagen würde, der nachvollziehbar ist, weil er in einem überschaubaren Rahmen stattfindet. Bei den Klimazertifikaten ist dies anders, da hier global gedacht und gehandelt wird. Ein Unternehmen, das in Deutschland zu viele Treibhausgase produziert, muss in Afrika oder Asien in ein klimafreundliches, sozial und ökologisch wertvolles Projekt investieren. Das ist die Grundidee der Zertifikate, doch in der Praxis ist für jemanden, der eine klimaneutrale Reise bucht, kaum kontrollierbar, ob das Geld, das er als Aufschlag zahlt, wirklich ankommt.

Manche sprechen gar von Augenwischerei, denn die wirklichen Probleme des Klimawandels lassen sich mit dem Zertifikatehandel wohl kaum lösen. Besser als nichts, lässt sich natürlich einwenden, aber die Klimaschutzmanagerin des Landkreises, Josefine Anderer-Hirt, hat schon recht, wenn sie ein Umdenken in größerem Maßstab fordert. Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen, ist die Grundidee, statt sie mit Klimaprojekten wie Wasserkraftwerken in Afrika lediglich zu kompensieren. Und der nächste Schritt wäre, der Atmosphäre CO₂ zu entziehen und in Mooren oder Torfflächen zu speichern - was unter Experten umstritten ist. Es ist noch ein langer Weg, bis sich die Übezeugung, dass endlich gehandelt werden muss, durchsetzen wird. So muss jeder selbst entscheiden, ob er Flugreisen vermeidet, einen Aufschlag zahlt - oder so weitermacht wie bisher.

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