Kommentar:Schnee von gestern

Im Advent konnte die Bürgerinitiative ´Unser Herrsching`noch leicht Stimmung mit der Frage nach dem richtigen Platz für den Weihnachtsmarkt machen. Doch die geringe Wahlbeteiligung bei diesem Bürgerentscheid lehrt: Es gibt in Herrsching wichtigere Themen

Von Patrizia Steipe

Er hat das Zeug dazu, als Kuriosum in die Geschichte der Bürgerentscheide einzugehen: der Herrschinger Entscheid über einen Standort für einen Christkindlmarkt. Wo in anderen Kommunen über Windräder, Umgehungsstraßen und Kernkraftwerke entschieden wird, sollten die Bürger über ein adventliches Markttreiben abstimmen, das nur an zwei Tagen im Jahr stattfindet. Überraschend ist das Ergebnis deswegen nicht. Das Interesse an einem Christkindlmarkt ist vergleichbar mit dem Interesse an Saisonware wie Lebkuchen. Im Advent war es ein Leichtes für die Bürgerinitiative, mit dem Thema Standort Christkindlmarkt Stimmung zu machen. Rasch waren die 800 benötigten Stimmen für den Bürgerentscheid zusammen. Doch kaum war die letzte Kerze vom Adventskranz abgebrannt, war das Ganze Schnee von gestern. Auch wenn Initiator Wolfgang Thamm am Schluss noch versuchte, aus dem Christkindlmarkt-Entscheid eine grundsätzliche Entscheidung für mehr Demokratie und Transparenz zu machen - mit einer Wahlbeteiligung von etwa 20 Prozent sind die Bürger ihm auf diesen Weg nicht gefolgt.

Warum sollten sie sich auch vehement für den Standort Postgarten einsetzen? Der neue Platz des Adventsmarkts an der Evangelischen Kirche wurde in der Bevölkerung gut angenommen. Dass er barrierefrei ist, ist in einer Gemeinde, die alles Mögliche versucht, um das Kurparkschlösschen barrierefrei zu bekommen, ein gewichtiges Argument. Sicherlich gab es auch einige, die der Initiative mit ihrer Nein-Stimme einen Denkzettel mit auf dem Weg geben wollten. Muss für so eine Banalität wirklich ein Bürgerentscheid her? Schade um die 15 000 Euro, die das Ganze gekostet hat, und um den schönen Sonntag, den 35 Wahlhelfer opfern mussten. Vielen aus der Seele sprach wohl ein Wähler, der auf seinem dadurch ungültig gewordenen Wahlschein formulierte: "Gibt es sonst keine anderen Probleme?"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: