Klassiker Nordmanntanne:Bäumchen wechsle Dich

Ob als "Charakterbaum" oder Mini-Ausgabe: In den meisten Wohnzimmern im Landkreis steht rechtzeitig zu Heiligabend die Nordmanntanne - und nicht nur dort

Von Carolin Fries, Starnberg

Eine halbe Stunde schon streift Renate von Eggelkraut-Gottanka durch die Christbaumplantage. 4000 Quadratmeter plattgetretene Wiese, auf der circa zweieinhalbtausend Nordmanntannen stehen. Sie sucht den richtigen, den einzig wahren Christbaum fürs heimische Wohnzimmer. Wie der sein muss? "2,40 Meter hoch und total regelmäßig." Einen Vormittag investiert sie jedes Jahr in die Suche nach dem passenden Baum, vorausgesetzt, die Sonne scheint.

Glaubt man den Christbaumhändlern im Landkreis, dann gehört die Gautingerin zu einer Minderheit der Menschen im Landkreis. "Die meisten kommen zwei Wochen vor Heiligabend", sagt Dietmar Arens. Seit drei Tagen steht der Sauerländer in Oberbrunn und verkauft im Auftrag eines Großhändlers Christbäume auf dem Gelände des Gartenbauers Wilhelm Menzinger. Hier stecken die Bäume nicht in Holzpaletten sondern wurzeln in der Erde. Jedes Jahr wächst die Tanne im Schnitt 30 Zentimeter, die meisten werden noch vor ihrem zehnten Geburtstag geschlagen. Zwischen 2,50 Meter und 3,50 Meter hoch sind die Bäume, die Arens am besten verkauft. "Hier scheinen die Räume höher zu sein als im Sauerland", sagt er. Ist der rechte Baum gefunden, wird er mit einem Plastikbändchen markiert, auf dem der Name des Käufers steht. Der Meter Landkreisbaum kostet 25 Euro. Geschlagen wird er erst zum Abholtermin kurz vor dem Fest. Gegen eine Gebühr werden die Bäume auch ausgeliefert.

Offenbar hängt der Kauf eines Weihnachtsbaums stark mit dem Wetter zusammen. Das sagt jedenfalls der Verkäufer, der seine Tannen an der Straße zwischen Stockdorf und Gauting veräußert. "Kalt und trocken muss es sein." Die Sonnenbrille auf der Nase hat er sich gerade an die Wand seiner Verkaufshütte gelehnt, um über Kopfhörer Christoph Maria Herbst zu lauschen, der ein Erdmännchen Kriminalfälle lösen lässt. "Bei dem Wetter denkt keiner an Weihnachten", sagt er. Fielen dann weiße Flocken vom Himmel, kämen die Leute in Massen, weil es gar so romantisch sei. Eine Illusion, wie der Christbaum-Verkäufer betont. Tropfende Ware, die irgendwie in die Autos muss, sorge nicht für Freudensprünge. Seine Nordmanntannen - er verkauft ausschließlich diese - sind zwar keine Landkreisgewächse, dafür echte Bayern. Sie stammen aus einer Plantage in Passau und sind wie die Oberbrunner Bäume unbehandelt. Manch einer spricht deshalb vom Bio-Baum, die Händler selbst reden lieber von einem unbehandelten Naturprodukt. In diesem Kontext sind sie auch nicht so formstreng wie viele Kunden. "Es gibt halt nicht den drei Meter hohen, gleichmäßigen Baum, der elegant schmal ist", sagt der Verkäufer an der Gautinger Straße. Er bietet Standard- und Premium-Qualität an, 18,50 Euro beziehungsweise 11,50 Euro der Meter Baum. Ein Standardbaum kann auch schon mal vier Spitzen haben, "da kann man hübsch was draus basteln, " sagt er.

Oberbrunn Weihnachtsbäume

Renate von Eggelkraut-Gottanka will ein echtes Landkreisgewächs von Dietmar Arens aus Oberbrunn.

(Foto: Georgine Treybal)

Einen Vogelbaum zum Beispiel, wie ihn Ulrike Schmidt aus Krailling jedes Jahr im Garten platziert, direkt vor der Terrasse. Nur eine Lichterkette bekommt die etwa 1,20 Meter hohe Tanne über ihre Zweiglein gehängt, sonst nichts. Der Rest gehört den gefiederten Gästen: Schmidt füttert sie mit gerösteten Haferflocken und Sonnenblumenkernen, die sie in Rapsöl rührt und in Formen hart werden lässt, "Ringe mögen sie am liebsten", sagt sie. Sind die Vögel versorgt, kommt sie noch einmal, dann zusammen mit ihrem Bruder und Muße, wie sie sagt: den Christbaum aussuchen.

Den Zweitbaum, die meterhohe Tanne für den Wintergarten, den nur einseitig beasteten "Charakterbaum" für den Platz an der Wand: Die Wünsche sind mitunter individuell, von echten Trends kann man indes nicht sprechen. Wenn auch Alexander Stanislaw, Aushilfskraft beim Tengelmann-Supermarkt in Starnberg, beobachtet haben will, dass die Mini-Bäume in diesem Jahr stark nachgefragt sind. 15 Euro kostet der, ist nicht größer als einen halben Meter und keine vier Kilogramm schwer. Die Bäume kommen aus Polen und Dänemark und sind pestizidbehandelt. "Danach fragt aber nur jeder Fünfte", sagt Stanislaw.

Gauting Weihnachtsbäume

Ulrike Schmidt kauft ein Passauer Exemplar für die Vögel im Garten.

(Foto: Georgine Treybal)

Wer sich nicht bei den üblichen Anbietern eindecken will: Im Opel-Autohaus Häusler in Starnberg gibt es am Samstag, 10. Dezember, Bäume verschiedener Größe zum Einheitspreis von 15,90 Euro zu kaufen. Aus dem Staats- und Privatwald indes sollte man sich hüten, unerlaubt zu fällen. Und für den, der unbedingt eine Fichte will, den einst bayerischen Traditionsbaum: "Ein paar wenige Landwirte verkaufen noch welche", sagt Georg Zankl, Kreisobmann des Bauernverbands.

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