Kabarett:Steuerflucht und andere Kleinigkeiten

Pöcking Galerie Amman, Kabarett Paetz

Heiter: der Münchner Kabarettist Holger Paetz passt im Lauf des Jahres genau auf und lässt sich keinen potenziellen Witz entgehen.

(Foto: Georgine Treybal)

Der Münchner Holger Paetz tritt in der Galerie Ammann zum Jahresrückblick an

Von Ute Pröttel, Pöcking

Allein Horst Seehofer lieferte im vergangenen Jahr schon abendfüllenden Stoff fürs politische Kabarett: Reise nach Saudi Arabien, Schwächeanfall in Wildbad Kreuth, Besuch bei Vladimir Putin und die erhellende Einsicht beim Auftritt auf dem Roten Platz: "Die Welt ist kompliziert."

Es ist kein angenehmes Jahr, das nun kurz vor seinem Ende steht, resümiert Kabarettist Holger Paetz bei seinem satirischen Jahresrückblick in der Galerie Ammann. Abgasskandal, Olympiade, Brexit, Marcus da Gloria Martins - einem Stroboskop gleich feuert Paetz seine Spitzen ab. Bereits zum dritten Mal hatte die Galerie Ammann in Pöcking zu dem Event eingeladen. Und innerhalb weniger Stunden waren die etwa fünfzig Plätze vergeben.

Mit dem Begriff Mossack Fonseca kann erst mal kaum jemand unter den Gästen etwas anfangen. Eine Dienstleistungsfirma aus Panama erklärt Paetz, die arme Firmen vertritt, die sich nur einen Briefkasten leisten könnten. Neben dem alles beherrschenden Thema Flüchtlinge, macht Paetz auch die Flüchtigen aus: die Steuerflüchtigen, die ja eigentlich nur Steuervorsichtige seien. Die Kanzlei Mossack Fonseca hilft eben diesen Bedürftigen, ihr Geld zu verstecken. "Das ist nicht unsere Liga", stichelt Paetz mit provozierendem Blick.

Von den Panama Papers ist es dann nur ein ganz kleiner Schritt zu einem anderen Steuerdelikt und zu Uli Hoeneß. Aufgrund seiner tollen Sozialprognose sei er aber im Februar bereits vorzeitig frei gekommen. Wer hätte sich da ausmalen können, dass schon kurz darauf der Sommermärchen-Bescherer Franz Beckenbauer in die Schlagzeilen geraten würde. Er könne doch gleich in die Zelle von Hoeneß einziehen, schlägt Paetz vor.

Dem Münchner Kabarettisten entgeht wenig im Jahresablauf. Auch nicht, dass die Stadt Garmisch in ihren Tourismusprospekten das goldene Gipfelkreuz von der Zugspitze hat weg retuschieren lassen. Angeblich aus Rücksicht auf die gut betuchte Klientel aus den Golfstaaten. Paetz vergleicht sie mit Rabengruppen und fragt, ob Moslems eigentlich Schuhe aus Schweineleder tragen dürfen.

Einmal im Monat präsentiert er im Valentin-Musäum in München seinen satirischen Monatsrückblick "So schön war's noch selten". Für seinen Jahresrückblick blättert er in einem großen roten Ordner und thematisiert auch das Auftreten der AfD und ihrer "Pauke Petry" sowie den Fall Jan Böhmermann. Gelegentlich aber legt er den Ordner zur Seite und greift zu einem schmalen Büchlein. Im Juli hat Paetz eine Anthologie eigener Gedichte herausgebracht. Im Eigenverlag, wie es sich für einen unabhängigen Kabarettisten gehört: "Pure Lyrics - Die Gedichte des Paetz". Sie sind nicht weniger messerscharf und von schwarzem Humor durchsetzt wie sein Programm. Und dann wirft er doch noch einen Blick in die Zukunft. 21. Januar 2017 - laut Paetz Weltkuscheltag, Tag der Jogginghose und Trump-Day. Paetz nennt ihn "zuverlässig ahnungslos". Ein Hassprediger, der Paris in Deutschland wähnt und Belgium für eine schöne Stadt hält. Trump wird dem Münchner Kabarettisten im kommenden Jahr sicher noch richtig viel Stoff liefern.

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