70 Jahre nach Kriegsende:Erinnern an den Todesmarsch

Ein Gedenkzug am Karsamstag führt von Berg nach Unterallmannshausen. Die Veranstalter hoffen, dass viele Jugendliche an dem "Marsch des Lebens" teilnehmen

Von Peter Haacke, Berg

Es müssen Szenen unvorstellbarer Grausamkeit gewesen sein in diesen letzten Kriegstagen des Jahres 1945, als ein Treck von KZ-Häftlingen von Dachau aus zu Fuß nach Süden getrieben wurde: Mehrere Tausend ausgemergelte Gestalten in zerlumpter Kleidung, darunter Frauen, Kinder und Greise, schleppten sich durchs Würmtal nach Starnberg, Berg und weiter Richtung Bad Tölz. Manch einer der armseligen Gestalten brach zusammen, starb an Entkräftung oder wurde erschossen. Nur am Rande bekam die Bevölkerung davon etwas mit, viele sahen auch weg, um das Elend zu verdrängen. Wie viele Menschen genau auf diesen Weg des Leidens geführt wurden, ist nicht dokumentiert. Doch von den rund 8000 Gefangenen überlebte ein Drittel nicht. An diesen barbarischen Akt soll eine Veranstaltung erinnern, die knapp 70 Jahre nach Kriegsende erstmals in Berg stattfindet: Unter Schirmherrschaft von Bürgermeister Rupert Monn und dem CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler findet am Karsamstag, 4. April, von 14 Uhr an am Ostufer des Starnberger Sees ein etwa dreistündiger "Marsch des Lebens" statt.

Mit dem Gedenkzug auf der vier Kilometer langen Strecke vom Ortseingang von Berg bis zum Schloss Unterallmannshausen führt, möchten die Veranstalter der Opfer der Todesmärsche von 1945 gedenken und gleichzeitig ein Zeichen gegen das Vergessen des NS-Terrors setzen. Hintergrund sind die Märsche vom KZ Dachau in Richtung Alpen, auf denen die Nazis kurz vor dem Kriegende zigtausende Gefangene durch Oberbayern trieben. Eine dieser Routen verlief entlang dem Ostufer des Starnberger Sees durch Berg und Allmannshausen.

Für die gemeinsame Aktion am Ostersamstag, 4. April, haben sich die Evangelische Kirchengemeinde Berg, der Katholische Pfarrverband Aufkirchen-Höhenrain-Percha-Wangen, der Verein Christlicher Pfadfinder Berg, die Freie evangelische Gemeinde Starnberg und das christliche Kinder- und Jugendwerk "Wort des Lebens" als Veranstalter zusammengeschlossen. Der Marsch ist assoziiert mit der Initiative "Marsch des Lebens Bayern".

Der Gedenkzug startet um 14 Uhr am Ortseingang von Berg und verläuft entlang der Hauptstraße über die Rottmannshöhe bis Allmannshausen. An drei Stationen sollen die historischen Begebenheiten geschildert werden. Den Schlusspunkt bildet eine Veranstaltung um 17 Uhr im Saal von Schloss Unterallmannhausen an der Assenbucher Straße 101. Ein Shuttleservice bringt die Teilnehmer des Gedenkzugs wieder zurück nach Berg.

Bewusst haben die Organisatoren ihre Veranstaltung "Marsch des Lebens" genannt. Insbesondere Jugendliche sollen an diesen unrühmlichsten Aspekt deutscher Geschichte herangeführt werden, wie Marko Seeba von "Wort des Lebens" betonte. Erst Mitte der 80er Jahre seien die Todesmärsche ins öffentliche Bewusstsein gerückt worden durch die Schülerarbeit eines Gymnasiasten, der sich mit dem Judenfriedhof in Gauting befasst hatte. 1989 folgte die Aufstellung von insgesamt 22 identischen Mahnmalen des Professors Hubertus von Pilgrim, die von Dachau bis Waakirchen an den Todesmarsch der KZ-Häftlinge erinnern und auch im Würmtal aufgestellt wurden. Zwischen Lochham und Gauting finden jedes Jahr Gedenkzüge statt. Der "Marsch des Lebens" der christlichen Allianz soll keine Konkurrenz sein zur Gedenkveranstaltung unter Federführung von Rainer Hange, die am Sonntag, 26. April, einen Marsch von Petersbrunn nach Starnberg vorsieht. Der organisatorische Aufwand verhindere eine gemeinsame Aktion, hieß es.

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