Integration:Deutsch lernen ist der erste Schritt

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Sprachkurse erweisen sich für Asylbewerber als die wichtigste Voraussetzung für Integration. Über eine Jobbörse werden in der Gemeinde zudem noch Praktika und Ausbildungsplätze vermittelt

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Welche Erfolge kann der ökumenische Helferkreis für Flüchtlinge nach mehr als drei Jahren in Tutzing verbuchen? Welche Erfahrungen haben die Helfer gemacht? Und wo hakt es noch? Zu diesen Fragen hatte Tutzings Pfarrer Peter Brummer am Dienstag Ehrenamtliche aus dem Kreis der mehr als 100 Aktiven, ein halbes Dutzend Flüchtlinge und Pressevertreter ins Roncallihaus eingeladen. Die Zwischenbilanz der Aktiven über Integrationserfolge fällt durchaus positiv aus: Das differenzierte Sprachkurssystem habe sich bewährt, mehr als 150 Flüchtlinge seien im weitesten Sinn in eine Arbeit vermittelt worden, das Netz mit Kleiderkammer, Kirchen und einem 450-köpfigen Freundeskreis funktioniere. Bürokratische Hürden lassen Helfer und Asylbewerber aber bisweilen verzweifeln.

Dass die Sprache das A und O ist, machte die Koordinatorin der Sprachkurse, Cornelia Janson, deutlich: "Über Sprache entsteht Beziehung." Mit den bis zu 20 Dozenten, darunter viele ehemalige Lehrer, hätten Asylbewerber Kontakte geknüpft, Patenschaften seien entstanden. Einstufungstests hätten sich bewährt, hieß es. Wer lateinische Schrift und sogar Englisch beherrschte, habe sich viel leichter mit Deutsch getan. Etwa drei Prozent seien als Analphabeten ohne jede Schulbildung gekommen. "Da wird es schwierig", so Janson. Die meisten seien hoch motiviert zu lernen. Sie schafften dann sogar die Führerscheinprüfung. Wie Michael Kyejjusa aus Uganda. Er wurde vor zwei Jahren als "Mister Tutzing" bekannt, hat inzwischen Arbeit als Gärtner und einen Mini-Job in der Küche des Tutzinger Krankenhauses.

Arbeit, das sind sich Helfer und Flüchtlinge einig, ist das zweite Sprungbrett zur Integration der 128 Flüchtlinge, die nach der Auflösung des Zeltdorfs mit bis zu 240 Asylbewerbern derzeit in Tutzing leben. Unternehmer Peter Frey hat ehrenamtlich eine Jobbörse aufgebaut. Vor allem kleinere Betriebe im Ort hätten sich sehr offen gezeigt für Praktika und Ausbildungsplätze, auch die Gastronomie: "Ich glaube, in jeder Gastwirtschaft hat inzwischen schon ein Flüchtling gearbeitet", sagte Frey und lobte ausdrücklich das Landratsamt und die Starnberger Arbeitsagentur: "Die zeigen sich sehr flexibel."

Vorschriften, Regeln, Anträge, Papiere, allein Bezeichnungen wie "Fiktionsbescheinigung" - da fühlen sich Helfer oft überfordert. Es gibt zwar mittlerweile einen Leitfaden, "damit nicht jeder Helfer von vorn anfängt", so Renate Will. Der hilft nun Claudia Steinke auch nicht weiter. Sie stellte vor vier Monaten Anträge für vier Asylbewerber, von Starnberg in den Nachbarlandkreis Weilheim zu ihren Arbeitsstätten zu ziehen. Denn jetzt fahren sie um 5 Uhr früh von Krailling aus los. Die Anträge blieben bei der Regierung von Oberbayern, den Landratsämtern in Starnberg und Weilheim liegen. So lange, dass es jetzt hieß, die Gehaltsnachweise seien veraltet. Das Procedere geht von vorne los.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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