Inning:Mächtige Müllbranche

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Starnberger Abfallwirtschaftsverband beklagt "Monopolstellung" der Entsorgungsfirma Remondis. Das Bundeskartellamt nimmt die Preispolitik der Unternehmen unter die Lupe

Von Christian Deussing, Inning

Das Bundeskartellamt prüft, ob in der Abfallbranche Preise zu hoch sind und der Wettbewerb unter der starken Stellung einzelner Firmen leidet. Dabei könnte auch die Rolle des Entsorgers Remondis unter die Lupe genommen werden; die Umladestation in Weßling ist unverzichtbar für den Abfallwirtschaftsverband Starnberg (Awista). Diese Abhängigkeit ist Bernhard Sontheim, dem stellvertretenden Verbandsvorsitzenden, ein Dorn im Auge. "Remondis hat bei uns eine Monopolstellung und nutzt das gnadenlos aus", klagte er in der Kreisversammlung der Freien Wähler (FW) in Inning.

Mit einem neuen Müllkonzept will nun der Awista reagieren. Ziel ist es, die hohen Kosten bei der Entsorgung in den Griff zu bekommen und damit die Hausmüllpreise pro Tonne zu stabilisieren oder sogar zu senken. Bisher ist Remondis seit Jahren meistens der einzige Anbieter, wenn Aufträge zu vergeben sind. In anderen Gebieten mit "fairem Wettbewerb" koste die Entsorgung einer Tonne Hausmüll nur 100 Euro, im Landkreis Starnberg aber 220 Euro, ärgert sich Sontheim. Der "Knackpunkt" ist seiner Ansicht nach, dass der Verband über keine eigene Umladestation verfügt, sagte Verbandsrat Ferdinand Pfaffinger in der FW-Versammlung am Donnerstag. Der ehemalige Bürgermeister von Starnberg berichtete, dass das Kartellamt die großen Abfallentsorger, die sich bundesweit die Gebiete aufteilten, wegen wettbewerbsrechtlicher Verstöße "im Blickfeld" habe. Dabei sei auch namentlich die Firma Remondis erwähnt worden, so Pfaffinger.

Auch der FW-Kreisvorsitzende Albert Luppart griff in Inning das Thema auf und betonte: "Das Kartellamt passt jetzt auf." Es sei auffällig, dass hier in der Region "immer nur einer" zum Zuge komme. Als Grund sieht auch er, dass der Awista auf die Müllumladestation von Remondis angewiesen sei.

Ein Sprecher des Bundeskartellamtes in Bonn bestätigte am Freitag, dass eine "Sektoruntersuchung" vorbereitet werde. Hierbei müssten Vorgespräche mit der Branche geführt werden. Es sei etwa zu prüfen, ob der Wettbewerb noch funktioniere oder ob Monopolisten einen bestimmten Markt beherrschten. Jedenfalls fällt der Wettbewerbsbehörde bereits auf, dass sich von Jahr zu Jahr immer weniger Entsorger an Ausschreibungen beteiligen. Die Kontrolleure wollen jetzt die Gründe ermitteln und klären, warum die Preise in vielen Kommunen und Landkreisen so unterschiedlich hoch sind. Nach Angaben des Kartellamtes gebe es aber noch keinen konkreten Verdachtsfall. Dazu müssten zunächst Fragebögen an Firmen und Kommunen verschickt und "tiefer gebohrt " werden, hieß es.

Das Thema wird wohl in der nächsten Verbandssitzung am kommenden Mittwoch zur Sprache kommen. Es geht darum, Konzepte und Wege zu finden, sich von Remondis zu emanzipieren und auf mehr Wettbewerb zu setzen. Die Sammel- und Verwertungsverträge laufen in den kommenden zwei Jahren aus. Auch das wurde in der Kreisversammlung der Freien Wähler angesprochen. Es ergeben sich also womöglich neue Chancen.

Der Awista strebt den Bau einer eigenen Umladestation auf Weßlinger Flur an, doch die Gemeinde lehnt dieses Projekt ab, womit das neue, propagierte "Abfallwirtschaftskonzept 2030" kaum mehr zu realisieren ist. Mit dem Müllkonzept soll Bewährtes erhalten und die hohe Wertstoffquote gesichert werden, die hohen Entsorgungskosten sollen aber verringert werden. Um Einfluss auf die Preise ausüben und echten Wettbewerb gewährleisten zu können, hält der Verband eine zweite Umladestation im Fünfseenland für notwendig. Nun könnte es einen Mitstreiter im Kampf um mehr Konkurrenz und Anbieter geben: die Wettbewerbshüter aus Bonn.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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