Umfahrung Inning:Erhitzte Gemüter

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Die blaue Trasse zeigt den Jetzt-Zustand, die rote den Verlauf der neuen Straße. (Foto: oh)

Wieder einmal geht es in Inning um Pläne für eine Umfahrung. Ende Januar gibt es einen Bürgerentscheid, den die Befürworter einer Straße initiiert haben. Die Gegner halten dagegen. In der Gemeinde geht es hoch her

Von Astrid Becker, Inning

Für die einen ist sie ein Heilsbringer, für die anderen ein "Monster". Die Rede ist von der Umgehungsstraße, über deren Bau die Inninger am 31. Januar in einem Bürgerentscheid zum zweiten Mal abstimmen sollen. Befürworter wie Gegner des Projekts kämpfen derzeit um die Gunst der Bürger - und das in einem zunehmend emotionaleren Ton. Das zeigt, wie sehr dieses Thema die Gemüter in der Gemeinde erhitzt. Es hat sich sogar eine neue Bürgerinitiative , "Unser Inning erhalten", gebildet, die unter anderem auf Facebook gegen die Umfahrung Stimmung macht und via Mail für kommende Woche weitere Aktionen ankündigt.

Damals, im Dezember 2013, hatte sich eine Mehrheit von 204 Stimmen gegen die Trasse im Westen der Gemeinde ausgesprochen - und damit dafür votiert, stattdessen lieber die Ortsdurchfahrt zu beruhigen. Durchgesetzt hatten diese Entscheidung gegen die Trasse die Grünen und vor allem die Bürgerinitiative für Innings Zukunft (BIZ), die anschließend auch drei Sitze im Gemeinderat gewinnen konnte. Doch alle damals angebrachten Alternativvorschläge wie beispielsweise Tempo 30 für die Ortsdurchfahrt stellten sich bislang als undurchsetzbar heraus - weil es sich bei der Straße um eine Staatsstraße handelt, auf der eine Geschwindigkeitsreduzierung nach den geltenden Vorschriften laut Straßenbauamt Weilheim und Regierung von Oberbayern nicht erlaubt ist.

Dennoch sehen die Gegner der Inninger Trasse noch Chancen für Tempo 30: So beruft sich beispielsweise die neue Bürgerinitiative "Unser Inning erhalten" auf Facebook auf andere Bundesländer wie Baden-Württemberg oder auch Rheinland-Pfalz - und auf eine Ankündigung des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt vom April 2015, den rechtlichen Rahmen für Tempo 30 auch an Hauptverkehrsstraßen zu schaffen. Mit Unterstützung des Bundes Naturschutz, der Grünen und der BIZ wollen die Gegner am 24. Januar - nur eine Woche vor dem Entscheid - mit einer Lichterkette am Ammersee ihrem Protest gegen das Projekt Ausdruck verleihen. Die BIZ selbst hat eine neuerlich eine Broschüre aufgelegt, die sie in den Haushalten verteilt: "Nein zur Umgehung" ist sie überschrieben - und zeigt in Fotomontagen, wo diese Straße verläuft und wie sie aussehen könnte. Ihre Argumente darin lauten jetzt: Die Umgehung werde sehr laut werden, weil sie eine Schnellstraße sei, auf der Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern erlaubt seien. Der Ammersee selbst werde zu Fuß nur noch über die Schornstraße und die Landsberger Straße zu erreichen sein. Der sommerlicher Ausflugsverkehr zum Wörthsee werde dennoch die Ortsdurchfahrt nutzen - brauchbar sei die Verbindung nur für diejenigen, die von Stegen nach Herrsching wollten. Die neue Forderung der Gegner lautet: "Alle Energie und alle Mittel" müssten nun in die umfassende Sanierung der Inninger Hauptstraße fließen, das Verkehrskonzept habe "eine faire Chance verdient", zumal die Kosten für den Bau der Umgehung unkalkulierbar hoch seien. Sie seien schon vor Jahren auf zehn Millionen Euro geschätzt worden, 2010 habe die oberste Baubehörde zudem dieses Projekt wegen ihres schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses von der Dringlichkeitsstufe 1 auf 2 herabgestuft.

Für die Befürworter einer Entlastungsstraße, allen voran der Verein Pro Inning, Grund genug, nun noch einmal die Bürger um eine Entscheidung für den Bau einer Entlastungsstraße im Westen der Gemeinde zu mobilisieren. Sie hinterfragen die Argumente der BIZ auf ihrer Homepage, wie die unverzügliche Sanierung der Hauptstraße denn aussehen könnte, welche Maßnahmen sie denn sicherer machen könnten? Zudem blieben die heutigen Straßen ja erhalten, der Zugang zum See sei also problemlos möglich, ebenso wie Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Schnellstraßen, für die sich der Verein einsetzen werde. Die Straße solle tiefer gelegt werden, wodurch auch die Lärmverbreitung verhindert werde. Es sei eine "schlichte Behauptung", dass sich der Verkehr durch die Umgehung erhöhen werde. Auch in Sachen Kosten wird argumentiert: Noch seien staatliche Zuschüsse zu erwarten, die auch genutzt werden sollten. Mit einer Umgehung müsste die Hauptstraße nach Ansicht von Pro Inning nicht saniert werden, weil sie dann für den innerörtlichen Verkehr ausreichend sei. Auch gegen das Argument der Landschaftszerstörung wendet sich der Verein: Es sei abzusehen, dass auch ohne Straße aus den Wiesen und Äckern in absehbarer Zeit Bauland werde.

Das - vorerst - letzte Wort in diesem Streit werden die Bürger Ende Januar sprechen. Doch auch ihre Entscheidung wird dann nur ein Jahr lang bindend sein.

© SZ vom 07.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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