Hochstadt:Reha-Station für Bambis

Hochstadt Manfred Schelle,Rehkitz

Bei Manfred Schelle sind die beiden Rehe gut aufgehoben. Die beiden Kitze sind erst zwei Wochen alt und dürfen fast ein Jahr in Hochstadt bleiben.

(Foto: Georgine Treybal)

Manfred Schelle päppelt wieder Rehkitze auf. Die beiden Neuzugänge sind erst zwei Wochen alt

Von Armin greune, Hochstadt

Manfred Schelle und Kira teilen sich die Mutterrolle: Während der Rentner in seiner Reha-Station für Tiere die Fütterung von Ricki und Ricko übernimmt, ist Kira für die Analmassage zuständig. Die Hündin ist wie Herrchen und Frauchen sehr erfahren im Aufpäppeln von Wildtieren, auch der Umgang mit den beiden Neuankömmlingen ist für sie Routine. Regelmäßig mimt sie für junge Rehe die Ricke, wie Fotos im Gang des Hochstadter Einfamilienhauses zeigen: Kira beugt den Rücken, um den After der Kitze mit der Zunge zu bearbeiten. Die versuchen, aus den Zitzen der Hündin zu trinken - doch den Part als Nahrungsspenderin kann sie natürlich nicht erfüllen. Deshalb haben die Schelles für Ricki und Ricko Fläschchen gefüllt: Mit Ziegenmilch. "Sie enthält nur vier Prozent Fett und muss mit Sahne aufgepeppt werden, denn Rehmilch hat 7,2 Prozent", erklärt Manfred Schelle.

Wenn er die Kitze im Garten zur Fütterung aufsucht, ist es vorbei mit nüchterner Biologie und Verhaltenslehre. Es gibt wohl keinen Besucher, der nicht dem Bambi-Effekt erliegt: Wenn Ricki und Ricko auf unverhältnismäßig langen Beinchen aus ihrer Hundehütte staksen und mit großen Augen neugierig umherblicken, kommt automatisch Rührung hoch. Und dann vielleicht eine Spur Neid, wenn sich die Tiere an den Pfleger schmiegen und streicheln lassen.

Für Schelle ist das ein Zeichen, dass die Kitze ihre leibliche Mutter nie kennengelernt haben und so auf den Menschen geprägt sind. Kommen junge Rehe im fortgeschrittenen Alter in seine Auffangstation, lassen sie sich nicht mehr anfassen. Vor zwei Jahren musste sogar der Ex-Hellabrunn-Direktor Henning Wiesner anreisen, um ein Reh mit dem Blasrohr zu betäuben, bevor es eingefangen und ausgewildert werden konnte, wie schließlich alle Zöglinge Schelles. Die neuen Ricki und Ricko - bei ihm tragen alle Rehe die gleichen Namen - haben freilich noch fast ein Jahr Pensionsaufenthalt vor sich. Sie sind gerade einmal zwei Wochen alt. Das männliche Tier hatte ein Waldarbeiter verwaist und schreiend im Wald bei Unterbrunn gefunden, das weibliche Tier hat ein Münchner Tierheim nach Hochstadt überstellt. Sechsmal täglich bekommen die beiden ihr Fläschchen: Nachts dürfen sie deshalb mit in die gute Stube zu den Schelles, Kira und den vier Katzen. "Schöner als Fernsehen" seien diese Abende, sagt Klara Schelle - und eine kleine Entschädigung für die vielen Mühen, die sie bei der Pflege ehrenamtlich auf sich nehmen.

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