Hochstadt:"I bin i und du bist du"

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Josef Hader, der berühmte Kabarettist, und Josef Hader, der noch unbekannte Lyriker, treffen in Hochstadt aufeinander.

Patrizia Steipe

Hochstadt"Bin i jetzt i oder bin i du?", fragte Josef Hader und Josef Hader antwortete "i bin i und du bist du". Denn Hader ist nicht gleich Hader. Josef Hader, Jahrgang 1962, Österreicher - das gibt es gleich zweimal. Einmal als Hader, den Kabarettisten, und dann als Hader, den Cousin, Betriebswirt und Lyriker, der bei dem Weßlinger Verleger Anton G. Leitner einen Lyrikband mit dem Titel "Rolle du Knolle" herausgebracht hat. Darin poesiealbumtaugliche, allerdings recht sarkastische und rabenschwarze Reime wie dieser: "Auszählreim fürs Büro: Der Ordner steht im Schrank, mit andren aufgereiht, thematisch ausgerichtet, das Rückenblatt beschriftet, die Klappe endlich zu, ich wünscht, ein Ordner wärst auch DU."

Beide Männer tragen den berühmten Namen Josef Hader, aber nur ein Gesicht kennt man: das des Kabarettisten (rechts). Foto: Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Die erste Auflage des Erstlingswerks war bald vergriffen, wohl nicht wegen der gefälligen Lyrik, sondern wegen des Autorennamens und da der Kabarett-Hader immer wieder auf sein vermeintliches Dichter-Debüt angesprochen worden war, bat er Leitner, bei einer Neuauflage einen Hinweis abzudrucken. Auf dem Cover des neuen Bändchens steht nun also "Josef Hader, der Cousin des gleichnamigen berühmten Kabarettisten und Schauspielers . . ." Im Gegenzug hatte Leitner einen gemeinsamen Auftritt der beiden im Gasthof Schuster herausgeschlagen: am Sonntagnachmittag - den Abend hatte Hader für eine Veranstaltung mit 800 Zuhörern im Münchner Audimax reserviert.

Zuerst ein wenig Realcomedy. Der Kabarett-Hader saß in der falschen S-Bahn: "Flughafen" statt "Weßling" und konnte nur per SMS kommunizieren. Machte nichts - so konnte der Lyrik-Hader schon einmal ein paar seiner Gedichte vortragen. "Berts Busenblues" (Bertas Busenfreund Bert beseitigt Bertas Büstenhalter Busen baumelt bis Bauchnabel . . .), "Ende einer Liebe" oder "Espresso". Die Gedichte sind kurz, kaum länger als eine halbe Seite, viel Wortspielereien, Reime, sie behandeln die menschliche Gefühlswelt in allen ihren Facetten, Alltag, Banales, Visionen.

Dann betrat der Kabarett-Hader die Bühne. Die Cousins begrüßen sich mit Handschlag. Auf der einen Seite der Lyriker: Bürobrille, lila Hemd; auf der anderen Seite der Kreative: schwarze Brille, auch Hemd, aber deutlich schmäler und kleiner als sein gleichaltriger Namens- und auch sonst -Vetter. Gedichte hat Hader nicht dabei, aber Texte, "ich weiß gar nicht, warum ich sie geschrieben habe". In Hochstadt kann er sie gebrauchen. "Bei uns daheim in Amstetten - ein Erlebnisaufsatz". Auch Wortspielereien, auch Gedanken über die menschliche Gefühlswelt - und trotzdem anders. Den Kabarettisten kann Hader nicht ausblenden. Auch wenn die Texte hinter den humorigen Zeilen Tiefsinn haben - sie sind einfach urkomisch. Da geht es um einen Jungen, der von seinem Klavierlehrer schikaniert wird und davon träumt, als Cowboy einen Klavierspieler im Saloon zu erschießen, klingt banal, aber Hader gelingt das Kunststück, daraus einen Slapstick zu zaubern, der einfach zum Wegwerfen lustig ist.

Der Cousin kontert mit einem Stück, in dem die Pfarrhaushälterin sich in einer Annonce ihren neuen Dienstherren sucht ("korrigiere Predigten und schreibe selbst Fürbitten, die ich in der Kirche auch vortrage . . ."), nicht schlecht, findet der berühmte Verwandte.

Dann tauschen sie die Rollen: Hader liest den anderen Hader. Beide lesen gut. Der Lyriker betont, legt Spannung in seine Worte, der Kabarettist funkelt mit den Augen, arbeitet mit Mimik. Am Schluss lesen die beiden im Dialog. Offenbar zum ersten Mal, denn der Text entwickelt eine eigene Dynamik, verpatzte Einsätze, vertauschte Verse - das könnte eigentlich ein gelungener Gag sein -, das Ganze endet laut Kabarett-Hader mit einem "offenen, verstörenden Schluss".

© SZ vom 24.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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