Ausstellung in Herrsching:Weltpolitik als Muse

Herrsching,  Haus der Lanwirtschaft, Ausstellung 'conscious'

"Migrare" heißt dieses Bild von Gloria Gans. Im Haus der Bayerischen Landwirtschaft in Herrsching zeigt sie die Ausstellung mit dem Titel "conscious".

(Foto: Georgine Treybal)

Die vielen flüchtenden Menschen beschäftigen Gloria Gans sehr. Sie stehen im Mittelpunkt der Ausstellung, die die Münchner Malerin im Haus der Bayerischen Landwirtschaft in Herrsching zeigt

Von Astrid Becker, Herrsching

Sie sind groß, bunt und ein echter Hingucker. Und sie sind zweifelsohne Kunst - die Werke der Münchner Malerin Gloria Gans, die derzeit im Herrschinger Haus der Bayerischen Landwirtschaft zu sehen sind. Eines sind sie allerdings nicht: leichte Kost. Denn Gans hat in dieser Ausstellung, die den Titel "conscious (bewusst)" trägt, gleich mehrere, sehr ernste und drängende Themen der Zeit verarbeitet: Die Rolle der Frau in den verschiedenen Kulturen, die Welt, die nur mit Hilfe der "Alltagshelden" noch nicht ganz unter Müll erstickt ist und die gigantische Völkerwanderung, die derzeit voll im Gange ist, wie sie meint. "Flucht" steht daher auch im Mittelpunkt ihrer Ausstellung.

Das wohl wichtigste Werk, das dort zu sehen ist, dürfte das Bild mit dem Titel "migrare" sein. Hier sind wohl alle Emotionen abgebildet, die Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, umtreiben. Zu sehen ist eine Frau, die ihr Baby im Arm hält und in deren Augen sich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, vor allem für ihr Kind, spiegelt. Links ist eine vielleicht 14-Jährige zu sehen, die etwas skeptisch und auch ängstlich auf den langen Weg blickt, der wohl vor ihr liegt. In der Mitte steht ein Kind, das endlos verloren scheint: Es ist die jüngere Tochter der Malerin, die sie hier im Alter von drei Jahren zeigt. "Das Ausmaß der Angst und des Elends wird einem erst bewusst, wenn man sich in die Lage dieser Menschen versetzt. Wenn man sich vorstellt, es seien die eigenen Kinder, die aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan fliehen müssen", sagt Gans bei der Vernissage am Donnerstagabend darüber.

Die vielen fliehenden Menschen treiben sie um, das ist deutlich zu spüren. Gans hat es aber nicht dabei belassen, sich nur gedanklich damit zu befassen. Sie steht in engem Kontakt mit Asylbewerbern, vor allem mit alleinstehenden jungen Männern, mit denen sie malt und zeichnet. Und sie gibt einen Wahlkurs am Münchner Pestalozzi-Gymnasium in Porträtmalerei, ihrem eigentlichen Steckenpferd. Sowohl hier wie auch dort hat sie Fotos der jeweils anderen vorgezeigt: "Nur, wer genau in das Gesicht eines Menschen schaut, kommt ihm dadurch näher." Vieles, was daraus entstanden ist, spiegelt sich auch in den vier Porträts wieder, die sie sie von Jungs aus Afghanistan und Gambia gemalt hat. Da ist eines, das überlagert ist von den Meeren, die die Flüchtlinge von ihren Herkunftsländern trennen. Oder eines, das ein letztlich zerbrochenes Herz zeigt, aus dem Blut tropft und das mit "I love you" unterschrieben ist - eine Zeichnung, die der junge Mann angefertigt hat, der auf dem Bildnis zu sehen ist und die Gans dort mitverarbeitet hat.

"Hard work for smart phones" thematisiert ein anderer Part der Ausstellung, der sich damit beschäftigt, wer und wie die Geräte später recycelt werden - beispielsweise in einem Naturschutzgebiet in Afrika, wo Kinder das Plastik der Geräte abfackeln, um so an das Edelmetall zu kommen. "Diese Menschen werden oft keine 20 Jahre alt - nur das machen wir uns nicht bewusst, wenn wir nach kurzer Zeit schon wieder ein neues Smartphone kaufen", sagt Gans. Auch darauf will sie aufmerksam machen - ebenso wie auf die unermüdlichen Menschen, deren Aufgabe es ist, Müll zu entsorgen, Straßen zu reinigen. "Alltagshelden" nennt sie sie. Eines Tages, so erzählt Gans, sei ein Straßenkehrer in ihrem kleinen Ladenatelier in Neuhausen gestanden. "Warum malst Du nicht mich", habe er gesagt. Das habe sie inspiriert. Ebenso wie die Welt der Frauen, die sie erst "so richtig" betreten habe, als sie damals vor mehr als 17 Jahren selbst schwanger wurde.

Genau genommen ist die Ausstellung also ein Querschnitt des Lebens von Gans, die zunächst eine Ausbildung zur Kirchenmalerin absolviert und später Malerei und Grafik an der Akademie für bildende Künste in München studiert hat. Das Ergebnis ist jedenfalls spannend. Sogar sehr.

Die Ausstellung ist noch bis 12. September im Haus der Bayerischen Landwirtschaft, Rieder Straße 70 in Herrsching zu sehen: montags bis freitags 7.30 Uhr bis 19 Uhr, am Wochenende nach Absprache.

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