Herrsching:1715 Stunden Wache am See

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Der neue Vorstand: Marcel Knauer, Michael Schreiner, Fiora Kemp, Tobias Schneider und Felix Schärfl (von links) von der Herrschinger Wasserwacht. (Foto: Georgine Treybal)

Die Wasserwacht Herrsching hat im vergangenen Jahr die Besatzungen von 22 Segelbooten, zehn Kitesurfer und viele andere Freizeitsportler gerettet - besonders ein Einsatz im Juni ist den Aktiven im Gedächtnis geblieben

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Ein Sommerhaus am See, einen eigenen Badesteg und ein schnelles Motorboot - man braucht kein privilegierter Millionär zu sein, um sich diesen Traum erfüllen zu können. Wer bei der Wasserwacht Ortsgruppe Herrsching mitmacht, kann Wachstation, Steg und die Rettungsboote am Ammersee nutzen, allerdings nicht zum Freizeitspaß. In dem Verein ist soziales Engagement gefragt. Bei der Jahresversammlung im Andechser Hof berichtete Vorsitzender Thomas Wuttke, dass die rund 30 Aktiven im vergangenen Jahr 1715 Wachstunden am drittgrößten See Bayerns geleistet haben.

Die Wachstation ist im Mühlfeld, hinter dem Herrschinger Segelclub. Dort sind die Rettungsschwimmer, Sanitäter, Motorbootführer und Rettungstaucher der Wasserwacht in den Sommermonaten an den Wochenenden im Einsatz. Außerdem hat die Ortsgruppe eine Schnelleinsatzgruppe (SEG). Über diese werden die Wasserretter bei Notfällen über Piepser durch die Rettungsleitstelle informiert. Insgesamt hat die Wasserwacht 142 Mitglieder, dazu kommen 27 Jugendliche. Im Gegensatz zu vielen Freizeitsportlern kennen sie die Gefahren des Ammersees wie beispielsweise die tückischen Böen. Diese und die anderen Unbilden des Sees hatten im vergangenen Jahr die Besatzungen von 22 Segelbooten, zehn Kitesurfer und eine Anzahl von Surfern, Motor- und Ruderbooten unterschätzt. Sie mussten ebenso wie acht Schwimmer aus Seenot geborgen werden. Acht Vermisste, bei denen die Angehörigen das Schlimmste befürchtet hatten, konnten unverletzt gefunden werden. Die Wasserwachtler helfen aber auch, wenn Badegäste Erste Hilfe an Land benötigen. Immer wieder versinken wichtige Gegenstände in den Fluten des Ammersees. 25 Mal holten die Taucher Schlüsselbund und Co. vom Seeboden empor. An einige Ereignisse werden sich die Aktiven noch lange erinnern.

Zum Beispiel an den 25. Juni 2016. "Gegen 16.30 Uhr kam eine Sturmfront, die es in sich hatte", hieß es im Tätigkeitsbericht. Fast zeitgleich kenterten eine Jolle und ein Katamaran. Während der Katamaran mit Hilfe der Wasserwacht aufgestellt werden konnte, musste die Jolle vorerst treiben gelassen werden. Die Crew brachte die Wasserwacht sicher ans Ufer. Die Segler hatten zwar Rettungswesten, aber keinen Neoprenanzug an. Angesichts des kalten Wassers "hätten sie es ohne die Wasserwacht wahrscheinlich nicht mehr an Land geschafft". Kurz darauf kenterte eine weitere Jolle in der Herrschinger Bucht. Es sollte nicht die letzte gewesen sein. Bis in die Nacht war die Wasserwacht beschäftigt gekenterte Boote zu sichern und Bootseigner zu informieren, dass sich Segel oder Persenning an ihren Schiffen losgerissen hatten. Während an diesem Tag alle Menschen gerettet werden konnten, kam für eine Frau Ende Mai 2016 alle Hilfe zu spät. Am Sprungturm beim Seewinkel hatte ein Angler eine leblose Person unter dem Steg gefunden. Die Schnelleinsatzgruppe der Herrschinger Wasserwacht konnte sie leider nur mehr tot bergen.

Bei der Jahresversammlung im Andechser Hof wählten die Stimmberechtigten einen neuen Vorstand. Fiona Kemp hatte sich bereits zuvor als Stellvertreterin auf die Aufgabe vorbereitet. Jetzt rückte sie an die Spitze. Thomas Wuttke wollte nicht mehr kandidieren.Zum Stellvertreter wählten die Mitglieder Felix Schärfl. Tobias Schneider kümmert sich als Technischer Leiter um Geräte und Boote. Die Kasse verwaltet Michael Schreiner, die Jugendgruppe leitet Marcel Knauer. Sanitätsdienst, Wasserrettung, Jugendarbeit, Katastrophenschutz und verschiedene Bildungsmaßnahmen sowie Entwicklungshilfe sind nicht zum Nulltarif zu haben. Die Wasserwacht bekommt zwar Mitgliedsbeiträge in Höhe von 4600 Euro und 4700 Euro an Zuschüssen, aber um die Kosten zu decken, ist sie auf Spenden angewiesen. 1916 flossen 2100 Euro in die Spendenbox. Mit den Einnahmen konnten beispielsweise die 3500 Euro Kosten für das Rettungsboot "Toni" bezahlt werden. 1900 Euro wurden für Material ausgegeben. Strom und Wasser schlugen mit 800 Euro zu Buche. Der Verein stellt seinen Aktiven die Ausrüstung. Im vergangenen Jahr wurden dafür 900 Euro ausgegeben.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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