Herrsching:Schwierige Rettungsaktion

Schwalben

Die hungrigen Mäuler der jungen Schwalben müssen gestopft werden.

(Foto: dpa)

Das bundesweit einzigartige Schwalbenprojekt in der Bahnhofshalle zeigt nur wenig Wirkung

Von PatriZia Steipe, Herrsching

"Sehr interessant" nennt der Ornithologe und Ex-Gemeinderat Herbert Biebach das Verhalten der Schwalben im Herrschinger Bahnhof. Das Ratsgremium urteilte härter. "Das Projekt ist gescheitert", meinte Herrmann Jäger (CSU).

2014 hatte die Gemeinde ein bundesweit einzigartiges Pilotprojekt initiiert, um die sehr an ihren Brutort fixierten Vögel aus der Bahnhofshalle auszuquartieren. Dort hatten die Vögel während der Brutzeit das Gebäude stark verkotet. Regelmäßig hatten deswegen Beschwerden der Bürger das Rathaus erreicht. Putzen, Kotbretter unter die Nester anbringen und andere Maßnahmen hätten zwar ein wenig geholfen, aber die Tiere verrichteten ihr Geschäft auch während des Flugs, hieß es. Pech für den Bahngast, der just dann die Halle durchquert. Da Schwalben geschützt sind, durften ihre Nester nicht einfach entfernt werden. Auch ein Verscheuchen der Tiere kam nicht in Frage. Biebach, der damals noch für die Grünen im Gemeinderat saß, hatte daher ein Konzept entwickelt, bei dem die Vögel allmählich mit einem Nestergestell aus der Halle und in ein Schwalbennest befördert worden waren. "Das war ziemlich aufwendig", erinnerte sich Biebach. Nur zentimeterweise konnten die Nester mit dem Gestell weggerollt werden. Die kleinen Vögel durften auch nicht zu alt sein, "sonst wären sie aus dem Nest gehüpft".

Im ersten Jahr nahmen die Vögel die Kunstnester im Rädergestell nicht an und brüteten wie gewohnt in der Halle. 2015 ließ Biebach alte Nester auf die Vorrichtung anbringen. Vier Brutpaare nahmen sie an und konnten langsam mit ihren Nestern aus der Halle geschoben werden. Biebach hoffte, dass im Folgejahr die Schwalben gleich ins Schwalbenhaus vor der Bahnhofshalle einziehen würden. 2016 nistete jedoch keine einzige Schwalbe im Vogelhaus. Vier Brutpaare konnten aber erfolgreich mit dem Rädergestell aus der Halle umgesiedelt werden. "2017 war dann das entscheidende Jahr", erklärte Biebach. Das Rädergestell wurde nicht mehr aufgebaut. Die Tiere sollten von vornherein freiwillig das Schwalbenhaus aufsuchen. In der Bahnhofshalle waren dafür sämtliche Nester entfernt und alle in Frage kommenden Bauplätze zugebaut worden. Doch die Mühe war - bis auf zwei Schwalbenpaare, die unter dem Vordach brüteten - vergebens. Die Schwalben verschmähten ihr Ausweichquartier. Sie klebten neue Lehmnester in die Bahnhofshalle. "Respekt, dass die das geschafft haben", staunte Biebach. Das Ratsgremium zeigte sich weniger beeindruckt. "Das Projekt funktioniert nicht. Die Halle ist immer noch zu attraktiv", lautete das Fazit.

Als einzige Möglichkeit, um die Schwalben aus der Halle zu bekommen, bleibe jetzt nur noch die Halle abzusperren. Einen Entschluss dafür gibt es bereits. Den Schwalben bleibt trotzdem eine Galgenfrist. Aus Brandschutzgründen können die Toröffnungen noch nicht verglast werden. Ob die Maßnahme greifen wird oder die Tiere einfach durch eine offene Türe fliegen werden, das wird sich zeigen. Ein Ausweichquartier für die ungeliebten Mieter gäbe es übrigens: "In meinem Kuhstall hätte ich ganz viel Platz", erklärte Landwirt Herrmann Jäger.

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