Herrsching:Marodes Kanalnetz

In Breitbrunn kommen hohe Kosten auf die Anlieger zu

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Der Regenwasserkanal in Breitbrunn Nord sei ein "sehr schwieriges Thema", berichtete Benjamin Neudert dem Herrschinger Gemeinderat, wobei er das Wort "sehr" gleich fünfmal wiederholte. Im Bereich Seeleite, Bucher Weg, Heimgarten-, Zugspitz-, Alpspitz-, Watzmann- und Wendelsteinstraße hatte der Ingenieur einen Roboter durch das 45 bis 60 Jahre alte Kanalsystem geschickt, um den Zustand zu filmen. Den Auftrag hatte Neudert von der Gemeinde bekommen. Der Grund lag in der schlechten Entwässerung des Regenswassers. Bebauungsplanänderungen konnten daher nicht verabschiedet werden.

Dem Ratsgremium präsentierte Neudert eine ernüchternde Analyse: Ein Großteil des Kanals weist so schwere Schäden auf, dass eine Sanierung nicht mehr möglich ist. Zur Visualisierung hatte Neudert den verschiedenen Kanalstrecken Farben zugeordnet. Auf dem Plan sahen die Gemeinderäte überwiegend "rote" oder "orange" Linien - die schlechteste Kategorie. Etwa 150 Seiten umfasste das mit vielen Fotos versehene Gutachten. Da sah man fehlende Rohrstücke, zerbrochene Kanalwände, eine Stufe im Kanal, wo sich das Wasser aufstaute, nicht fachgerechte Anschlüsse von Privatgrundstücken, bei denen durch eine eingeschlagene Wand ein Rohr in den Kanal eingesetzt wurde. "Wasserrutsche mit Kurven" bezeichnete Neudert ein Kanalstück in der Watzmannstraße, und entsetzt war er darüber, dass eine Trinkwasserleitung nicht unter, sondern einfach durch den Kanal gelegt worden war. In der Folge ist durch diese Fehler der Querschnitt des Kanals verengt und nicht mehr so leistungsfähig. In der Wendelsteinstraße müssten eigentlich 380 Liter Wasser pro Sekunde durch den Kanal rauschen. "Es sind aber nur 72 Liter pro Sekunde möglich", erklärte Neudert. Bei starken Regenfällen sei der Kanal völlig überfordert - das bedeutet Hochwassergefahr.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig, das Kanalsystem zu erneuern. Im Zuge der Aufgrabungen soll die Straße gleich mitsaniert werden. Der Straßenbelag entspricht nämlich ebenfalls nicht dem Stand der Technik. "Ein 14 Zentimeter dicker Belag ist normal", erklärte Neudert. Davon sind die Breitbrunner weit entfernt. "Wir haben meistens nur einstellige Zentimeterbereiche gefunden", so Neudert. Etwa 30 bis 40 Zentimeter der Gesamtstraße müssten bei den Kanalbauarbeiten aufgebrochen werden. Was nicht aufgegraben werde, könnte dann unter dem Gewicht der Maschinen wegbröckeln, gab Schiller zu bedenken.

Ein neuer Niederschlagswasserkanal und die neuen Straßen würden 1,8 Millionen Euro kosten, schätzte der Experte. Davon müssten die Anlieger 80 Prozent der Kosten tragen. Je nach Grundstücksgröße werden hohe Summen auf die Eigentümer zukommen. Um die Kosten zu reduzieren, möchte der Gemeinderat zusätzlichen Baugrund ausweisen; "Grundstücke, die erschlossen sind, werden dann bebaubar und dadurch beitragspflichtig", sagte Bürgermeister Christian Schiller. Mit Ortsabrundungssatzungen könnte dies für die Wendelstein- und die Zugspitzstraße gemacht werden. Bei einer Versammlung sollen die Breitbrunner über die Pläne informiert werden.

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