Schwarzbauten:Gnadenfrist für Laubenbesitzer

Angebliche Schwarzbauten in Herrsching; Wochenendhäuser am Neff-Weg

Roswitha und Peter Schneider haben vor vier Jahren ihre Parzelle erworben, sie können es nicht fassen, dass ihr Gartenhaus abgerissen werden muss.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Parteien einigen sich im Rechtsstreit um die schwarzgebauten Gartenhäuschen in der Herrschinger Neff-Siedlung auf einen Kompromiss: Die Gebäude müssen erst in knapp neun Jahren abgerissen werden.

Von Christian Deussing, Herrsching/München

Die Laubenbesitzer in der idyllischen Neff-Siedlung bei Herrsching müssen ihre Gartenhäuschen auf ihren Parzellen abreißen. Doch die Freizeitsiedler haben am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht in München zumindest einen Teilerfolg errungen. Denn ihnen wurde eine längere Gnadenfrist gewährt: Sie müssen ihre Grundstücke erst bis zum 1. Januar 2024 geräumt haben, und nicht bereits in zwei oder drei Jahren. Damit gingen die betroffenen Familien auf einen Deal ein, den Martin Nell als Baujurist vom zuständigen Landratsamt Starnberg in der Verhandlung angeboten hatte: die Abbaufrist deutlich zu verlängern, wenn die Klagen gegen den Bescheid der "Beseitigungsanordnung" zurückgezogen würden.

Vom Tisch ist außerdem das angedrohte Zwangsgeld von bis zu 5000 Euro und das Verbot, die Grundstücke überhaupt noch nutzen zu dürfen - zum Beispiel dort Liegestühle aufzustellen oder Federball zu spielen. Der Vorsitzende Richter Johannes Oswald ließ jedoch bald durchblicken, dass die im Außenbereich und noch dazu im Landschaftsschutzgebiet errichteten Hütten und Häuschen rechtswidrig seien und daher auch nicht geduldet werden könnten. Die Neff-Siedlung hatte er vor kurzem in Augenschein genommen. Der Richter stellte klar, dass es zu den gärtnerisch angelegten Parzellen keinerlei Baugenehmigungen gebe. Es handle sich um einen "Eingriff in die natürliche Eigenart der Landschaft", auch die Umzäunungen beeinträchtigten den "Erholungswert für die Allgemeinheit". Das Gericht sah zudem die Gefahr, dass sich eine "Splittersiedlung" entwickeln könne.

Geklagt hatten 20 Eigentümer der Anlagen, acht Familien verzichteten auf rechtliche Schritte. Die Anwälte verwiesen im Prozess darauf, dass das Gelände sich nur am südlichen Rand eines Landschaftsschutzgebietes befinde. Ehemals sei das Gelände von einer Gärtnerei genutzt worden. Zudem lägen Genehmigungen für einen Abwasserkanal und Fischteiche vor. Und: Keines der Häuschen sei für Übernachtungen und Wohnen geeignet.

Fachanwalt Wolfgang Raithel betonte, dass das Landratsamt Starnberg jetzt schon "seit 40 Jahren mit sehendem Auge die Anlagen zugelassen" habe. Dieser lange Zeitraum müsse berücksichtigt werden - und deshalb sollten die "Baulichkeiten" für weitere 30 Jahre geduldet werden, so Raithel.

Diesen Vorschlag machte der Jurist nach erster internen Beratung mit seinen Mandanten im Gericht. Allerdings pokerte er offenbar zu hoch, denn der Vorsitzende Richter hielt 30 Jahre als Aufschub aufgrund der rechtlichen Situation für "illusorisch". Er schlug Oberregierungsrat Nell von der Genehmigungsbehörde vor, die Abrissfrist wenigstens um einige Jahre zu verlängern - was Nell dann auch tat, um eine gütliche Einigung zu erzielen.

Für die meisten Parzellen-Eigentümer, die mit dem Areal aufgewachsen sind, ist der Kompromiss sicherlich schmerzhaft. Aber die Naturliebhaber dürften erneut Zeit gewonnen haben, nachdem sich bereits vor sechs Jahren der Rechtsstreit angebahnt hatte. Zu den Klägern gehört Sieglinde Ebersperger, deren Familie 1964 ein Grundstück mit Teich erworben hatte. Sie sei trotz allem "ganz zufrieden" mit dem Ausgang des Prozesses, sagte die 74-jährige Münchnerin der SZ - auch wenn sie sich eine nachträgliche Genehmigung ihrer Gartenhütten oder wenigstens eine Fristverlängerung von 15 Jahren gewünscht habe.

Angesprochen wurde am Ende des Verfahrens auch die Frage, was denn mit den Anlagen der acht Siedler passiert, die nicht geklagte haben. Nell sicherte als Vertreter der Kreisbehörde zu, mit den betroffenen Personen die "gleiche Linie fahren" zu wollen.

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