Entdeckung:Der bäuerliche Wasserdoktor

In alten Akten entdeckt die Leiterin der Agrarhistorischen Bibliothek in Herrsching, Katharina Höninger, Originalhandschriften von Sebastian Kneipp über den Ankauf von Vieh. Ihre Neugierde ist geweckt.

Von Patrizia Steipe, Herrsching

"Ihr Bauern all' in Stadt und Land, ich biete euch zum Gruß die Hand! Was ihr schon längst gewünscht von mir, bring ich in diesem Büchlein hier. . ." So fängt das Buch "Fritz, der fleißige Landwirth" an. Es ist kein Kinderbuch, sondern Sebastian Kneipp (1821-1897) hat in dem Werk seine Erfahrungen in der Landwirtschaft niedergeschrieben. Der vor 120 Jahren gestorbene Pfarrer ist heute als Wasserdoktor (Kneipp-Kur) bekannt. Was viele nicht wissen, Kneipp war auch Landwirt. Diese unbekannte Seite des Bäderdoktors stellt das Haus der bayerischen Landwirtschaft am Donnerstag, 22. Juni, um 19.30 Uhr in Herrsching vor. Katharina Höninger referiert über Kneipps Bücher. Der Kunst- und Lokalhistoriker Alois Epple berichtet über das Leben und Wirken Sebastian Kneipps und über das Thema "Kneipp als Landwirt - eine unbekannte Seite" spricht Alois Filser, Kenner der Kneippstadt Bad Wörishofen. Musikalisch wird der Abend vom Duo Klangzeit mit Weltmusik gestaltet.

Herrsching: Manuskript Kneipp Katharina Höninger

Bibliothekarin Katharina Höninger präsentiert im Haus der Landwirtschaft in Herrsching ein Manuskript von Sebastian Kneipp.

(Foto: Nila Thiel)

Im Rahmen der Veranstaltung wird Höninger eine kleine Sensation präsentieren. Vor kurzem ist der Leiterin der Agrarhistorischen Bibliothek ein Glückstreffer gelungen. Beim Umpacken von alten Akten in säurefreie Mappen ist sie bei einem Inhaltsverzeichnis auf den Zusatz "enthält Handschriften von Sebastian Kneipp" gestoßen. Da die Akten unter der Rubrik "Zuchtstierhaltung" geführt wurden, war die Neugierde der Bibliothekarin geweckt. "Ich suche immer nach interessanten Themen und wollte wissen, ob es sich bei dem Autor der Schrift tatsächlich um den Sebastian Kneipp gehandelt hatte", erzählt sie. Ihre Recherche ergab, dass Kneipp nicht nur Pfarrer, sondern auch zuständig für die Landwirtschaft des Klosters Wörishofen gewesen war. Daneben hat er Sachbücher, die sich an den "einfachen Bauern" gerichtet hatten, geschrieben.

Sebastian Kneipp

Der Geistliche, Therapeut und Naturheilkundige Sebastian Kneipp.

(Foto: SZ-Archiv)

Bei der Handschrift handelte es sich allerdings um einen Brief vom "30. Jäner 1880", in dem sich "Euer Beichtvater Seb. Kneipp in Wörishofen an das hohe Kreis-Comite in Augsburg" gewandt hatte. "Betreff: Ersuchen um Unterstützung für die Auslagen beim Ankauf des Montafoner Stammviehes". Es hat gedauert, bis Höninger die kleinen Sütterlinschriftzeichen übersetzt hatte. " Leider gibt es noch die eine oder andere Lücke, die ich hoffentlich noch füllen kann", erklärte sie. Der Inhalt des Briefes:. Kneipp hatte um finanzielle Unterstützung beim Kauf von "Montafoner Stammvieh" gebeten.

Herrsching: Manuskript Kneipp Katharina Höninger

Kneipp war auch Landwirt und schrieb darüber Sachbücher - zuerst natürlich in Sütterlin.

(Foto: Nila Thiel)

Im Brief schilderte Kneipp, wie er Rinder sowie einen Zuchtbullen gekauft hatte. Leider habe er "von dem strengen Verbot der Ausfuhr österreichischen Viehes nichts gewusst, bis ich auf der Heimreise in Bludenz die Sperre erfahren habe". "Ich wollte durchaus nicht das Vieh einschleusen, wie man mir zur Last legen wollte", versicherte der Pfarrer und er versprach, "wie ich den angekauften Stier ohne Pflicht der Gemeinde zur Aufzucht überlasse, so gebe ich andern Landwirten nachgezogenen Stücke um denselben Preis, wie ich sie kaufte". Im Antwortschreiben hieß es allerdings kurz und bündig: "Aus das Gesuch (...) setzen wir hier in Kentniss, dass wir unserem Bedauern nicht in der Lage sind, das gestellte Ansuchen um Unterstützung für die Auslagen beim Ankaufe von Montafoner Vieh zu entsprechen". Übrigens: Die Handschrift kann online auch über das Findebuch der Agrarhistorischen Bibliothek aufgefunden werden.

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