Herrsching:Das Schlösschen aufgemischt

Herrsching, Kurparkschloss Konzert

Sehr flott und barock: Georg Kroneis, Michael Hell, Dario Luisi (v.li.).

(Foto: Georgine Treybal)

Das Trio Kroneis, Luisi und Hell begeistert sein Publikum in Herrsching mit Bravourstücken

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Keiner der vielen Konzertbesucher zweifelte wohl daran, dass Georg Kroneis mit Leib und Seele Vollblutmusiker ist. Doch er hatte einst spät zur Viola da Gamba gefunden - erst nach dem Diplom in Elektrotechnik und Biomedizinischer Technik. Anders als der Genuese Dario Luisi, der sich früh der historischen Aufführungspraxis verschrieb und seither nichts anderes macht, als auf der Violine Alte Musik zu spielen. Oder der höchst virtuos musizierende Michael Hell, der neben dem Cembalo sonst auch an der Blockflöte konzertiert, wenn er nicht gerade zusammen mit Lucia Froihofer - Luisi sprang im Herrschinger Kurparkschlösschen für sie ein - die Neue Hofkapelle Graz leitet, der auch Kroneis als Bassist angehört. Alle hatten sie in Graz, dem bedeutenden Zentrum für Alte Musik, studiert und/oder dort bereits in verschiedenen Ensembles musiziert.

Alte Musik auf historischen Instrumenten ist in der Regel kein großer Publikumsmagnet. Wer im Programm las, das Trio würde die Barockszene aufmischen, schmunzelte wohl allenfalls. Aber Rudolf Winter, der Klassik-Programmmacher im Kulturverein Herrsching, tat in diesem Fall einen Glücksgriff, denn die Drei scheinen in der Lage zu sein, weit mehr als die Barockszene aufzumischen.

Sie gingen mit vitaler Energie, Beherztheit, Leidenschaft und Witz an die Sache heran. Und so geriet die Musik ins Schwingen, hob förmlich ab, riss mit. Das Publikum zeigte sich fast schon euphorisiert, sobald es dabei - wie nicht selten - rasant-virtuos zuging.

Dabei handelte es sich bei diesem Konzert eigentlich nur um eine Lehrstunde: "Die fünf Arten, die Viola da Gamba zu spielen", wie sie der französische Gambist und Musiktheoretiker des 17. Jahrhunderts, Jean Rousseau, in seinem "Traité de la Viole" von 1687 unterschied, war das Thema. Ein Konzept, das vor allem die Möglichkeit gab, das Spektrum des Repertoires weit auszudehnen und im Sinne der quasi wissenschaftlichen Beweisführung spielfreudig zu übertreiben.

Dahingehend war das "travailler sur un sujet", die freie Improvisation über ein Thema, geradezu der Höhepunkt, zumal mit der Follia in den Versionen von Marin Marais, Arcangelo Corelli und Carl Philipp Emanuel Bach als Gegenstand der Variationen. So lustvolles Musizieren und solches Schöpfen aus dem Vollen hatte Marais aber auch in seinen Kompositionen angelegt, zum Beispiel in der "Suite de l'Imitation" (Nachahmung verschiedener Instrumente und der menschlichen Stimme) mit zwei Arten des Gambenspiels. "Jeu de melodie" und "Jeu d'harmonie" waren für Kroneis der Freischein, weite Melodielinien mit dem Bogen zu ziehen oder im Pizzicato-Spiel eine Laute mit warmem Ton zu imitieren. Oder eben im Spiel mit Harmonien akkordisch und in Arpeggien eine satte Klangsubstanz zu entfachen. Eine fulminante Musik bauschte sich da auf, zumal Hell am Cembalo höchst virtuose Intensität walten ließ und die Stimmung im Saal mit seiner famos ebenmäßigen Tastenraserei aufheizte. Nur noch bei seinem solistischen Einsatz mit zwei Stücken von Jacques Duphly sollte er sich in der brillanten Spielart übertreffen: in der festlichen Chaconne.

"S'accompagner soy-même", sich selbst beim Gesang auf der Gambe pizzicato zu begleiten, demonstrierte Kroneis mit Augenzwinkern mit drei Stücken aus "Musicall Humors" (London, 1605) von Captain Tobia Hume, besonders humorvoll in der Raucher-Ode "Tobacco" in forscher Gangart. Das gestrichene, rein instrumentale "accompagner" im Continuo an der Seite des Cembalos war bereits mit der Sonate "La Forcroy" von Louis-Antoine Dornel zu Beginn erklungen - und dort in diversen Ausprägungen zwischen lyrischem Fluss und packender Rhythmik.

Bei Jean-Philippe Rameau kehrten sich die Rollen um und führten eine weitere Spielart der Gambe vor: Das Stück fürs konzertierende Cembalo Nr. III von 1741 verwies die Streicher in die Begleitung, die nicht als Bassstimme ausgespielt wurde, sondern außergewöhnlich als Farbmittel stellenweise kolorierte oder rhythmisch markierte. Aber auch Luisi bekam die Gelegenheit, seine wunderbar substantielle Violine in plastischem Schönklang auszukosten. Ovationen im Herrschinger Kurparkschlösschen und eine Zugabe.

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