Herrsching:Attacken mit dem Gasrevolver

Psychiater bezeichnet mutmaßlichen Enzesberger-Mörder als paranoid

Der psychisch kranke Klaus G., der am 8. Januar 1996 den Bibliotheks-Angestellten Josef Enzesberger in Herrsching erschoss, hat vier Tage vor der mutmaßlichen Tat in München auf offener Straße einen Autofahrer, durch dessen Fahrweise er sich bedrängt fühlte, mit einem Gasrevolver bedroht. Bei der Tat gab sich G. als Polizeibeamter aus. Als der Pkw-Fahrer weiterfahren wollte, zog er einen Gasrevolver und richtete ihn auf den Autofahrer. Vier Wochen später, Anfang März 1996, fiel der heute 65-Jährige erneut in München auf: Diesmal schoss er auf eine Hundehalterin und deren Hund, weil er das Tier für "hoch aggressiv" hielt. Aufgrund der beiden Vorfälle erwogen die Behörden bereits im Januar 1997, Klaus G. in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik unterzubringen, wie in Unterlagen vermerkt ist, die am zweiten Prozesstag gegen den Angeklagten vor dem Landgericht München II verlesen wurden.

Ein Psychiater, der Klaus G. damals untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass dieser paranoid sei und keinerlei Krankheitseinsicht zeige. Zu den Schüssen auf die Hundehalterin erklärte der Psychiater, dass G. diese "nur zur Distanzhaltung" abgegeben habe und seinen Gasrevolver zur "Sicherung seines Rückzuges" eingesetzt habe. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik sah der Psychiater seinerzeit jedoch nicht erfüllt. Bei beiden Vorfällen handle es sich weder um "erhebliche rechtswidrige Taten" noch stelle G. eine Gefährdung für die Allgemeinheit dar, befand der Psychiater.

Ein Kriminalpolizist aus Fürstenfeldbruck, der Klaus G. vernahm, nachdem dieser erklärt hatte, dass er Josef Enzesberger erschossen habe, sagte am Mittwoch vor Gericht, dass er dessen Selbstbezichtigung für glaubwürdig halte. Unter anderem habe G. fast 20 Jahre nach dem mutmaßlichen Mord den Tatort in Herrsching bis in alle Details aus dem Gedächtnis skizzieren können. Der Prozess dauert an.

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