Sicheres Herrsching:Angst vor Amokläufen

Herrsching Ammerse, Nachtmarkt

Sicherheitskontrollen soll es künftig beim Nachtmarkt in Herrsching geben. So will es der Gemeindechef.

(Foto: Georgine Treybal)

Bürgermeister Christian Schiller stellt Sicherheitsexperten ein und strebt bei Veranstaltungen Kontrollen an

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Die erste Antwort auf das neue Sicherheitskonzept der Gemeinde Herrsching lag den Gemeinderäten bereits auf dem Tisch. "Wir wollen und können ab sofort keine Verantwortung für die Sicherheit des Schlossgartenfestes übernehmen", schrieb Ludwig Darchinger, Vorsitzender des Vereins D'Herrschinger. "Absperrungen, Taschenkontrollen und weitere Maßnahmen, die sicherlich bald noch verstärkt und vorgeschrieben werden, führen uns an die Kapazitätsgrenze." Diese Aufgaben für das nächste Schlossgartenfest sollte jetzt die Gemeinde übernehmen, forderte Darchinger. Es war schließlich auch Bürgermeister Christian Schiller, der in einem Arbeitskreis gemeinsam mit der Herrschinger Polizei, Rathausmitarbeitern und Anna-Christine Vielhaber als einer Vertreterin des Gewerbevereins und des Integrationsteams, das neue Konzept ausgetüftelt hatte.

Grundlage war ein Schreiben des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, das im August 2016 an alle Gemeinden gegangen war. Öffentlichen Veranstaltungen sei eine "erhöhte Gefährdungsrelevanz beizumessen", hieß es darin. Bei Veranstaltungen ab 1000 Besuchern müssten den Behörden Sicherheitskonzepte vorgelegt werden. Sie könnten beispielsweise Einzäunungen, Einlass- und Taschenkontrollen oder ein Rucksack- und Kinderwagenverbot beinhalten. "Wir leben in einer anderen Welt als vor zwei Jahren", rechtfertigte sich Schiller angesichts des Aufruhrs und der Empörung, die das Ganze beim Ratsgremium ausgelöst hatte. Während ein Großteil der Gemeinderäte befürchtete, dass die ehrenamtlichen Veranstalter vieler Events von den neuen Sicherheitsmaßnahmen überfordert seien, betonte Schiller, dass sich die Gemeinde als Sicherheitsbehörde für Veranstaltungen nach allen Seiten absichern müsse. Schiller geht dabei über die Vorgaben der Polizei hinaus.

Herrsching möchte die Sicherheitsmaßnahmen nämlich nicht auf die großen Veranstaltungen beschränken, "auch bei Terminen unter 1000 Personen besteht die Verpflichtung, Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen". Deswegen "muss bei jeder angezeigten Veranstaltung künftig eine Gefährdungsbeurteilung durch die Gemeinde erfolgen", hieß es in der Tischvorlage. Für diese Aufgaben möchte die Gemeinde extra einen Mitarbeiter schulen, damit er für jede angezeigte Veranstaltung in der Gemeinde ein Sicherheitskonzept, eine Checkliste und einen Notfallplan erstellt. Im Vorfeld müsste er dazu Gespräche mit der Polizei, Feuerwehr und dem Veranstalter führen und alles akribisch dokumentieren. Ein paar Beispiele hatte der Sicherheits-Arbeitskreis bereits ausgearbeitet. Für den kommenden Faschingsumzug sollte beispielsweise die Bahnhofstraße "von beiden Seiten durch Fahrzeuge gesichert werden, so dass kein Kraftfahrzeug in die Menschenmenge fahren kann", hieß es in der Sitzungsvorlage. Bei den Seemärkten und Marktsonntagen sollten die Zugänge eingeschränkt werden. Bei anderen Festen wie dem Faschingsball der Handballer, dem Willkommenstag oder dem Schlossgartenfest müssten die Taschen der Besucher kontrolliert und Sicherheitsdienste engagiert werden. "Völlig unverhältnismäßig. Das ist der Tod aller öffentlichen Veranstaltungen in Herrsching", befürchtete Willi Welte (CSU). "Wer soll denn das alles bezahlen", wollte Hans Hermann Weinen (SPD) wissen. Schließlich hatte die Polizei gleich abgewunken, als es darum ging, Polizisten für die Sonderaufgaben bereit zu stellen. "Eine verstärkte Polizeipräsenz bei Veranstaltungen kann die PI Herrsching nicht leisten".

"So wie früher geht es nicht mehr", betonte Schiller, gab aber zu, dass es keine hundertprozentige Sicherheit vor Amokläufen, Attentaten und Massenpanik gebe. Angesichts der in der Diskussion entworfenen Szenarien von Bombenwerfern und Messerstechern, appellierte Welte an alle, die Diskussion sachlich zu führen und "den Ball flach zu halten". Herrsching dürfe sich nicht mit Berlin oder München vergleichen. Immerhin habe die Polizeiinspektion Herrsching dem Ratsgremium mitgeteilt, dass es "keine konkreten Hinweise auf Anschläge" gebe. Gegen zwei Stimmen genehmigte das Ratsgremium die zusätzlichen Arbeitsstunden für einen neuen Sicherheitsexperten der Gemeinde.

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