Heimatgeschichte:Historie im Blick

Der Arbeitskreis Ortsgeschichtsforschung widmet sich in seinen neuen Buch romanischen Dorfkirchen im Pfarrverband Aufkirchen

Von Katja Sebald, Berg

Angesichts einer rapide schwindenden Anzahl von Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, darf man wohl davon ausgehen, dass es in naher Zukunft auch immer weniger Menschen geben wird, die sich in ihrer Freizeit in Archiven vergraben und staubige Akten wälzen wollen. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht weniger verwunderlich, dass der Starnberger Kunsthistoriker Benno Gantner für den fünften Bandes der Studien zur Ortsgeschichtsforschung im Landkreis Starnberg den ehemaligen Architekten Alfred Laut, der bereits im 97. Lebensjahr steht, als Hauptautor verpflichtet hat: Er sei vor allem dankbar für die von Laut mit großer Akribie gezeichneten Pläne, sagte Gantner, der nicht nur Leiter des Arbeitskreises Ortsgeschichtsforschung ist, sondern zugleich Herausgeber und Verleger der Buchreihe, bei der Präsentation im Rathaus Berg.

Heimatgeschichte: Der Kunsthistoriker Benno C. Gantner leitet den Arbeitskreis Ortsgeschichte-Forscher im Landkreis. In seinem neuen Buch befasst er sich mit seinem Heimatort Percha.

Der Kunsthistoriker Benno C. Gantner leitet den Arbeitskreis Ortsgeschichte-Forscher im Landkreis. In seinem neuen Buch befasst er sich mit seinem Heimatort Percha.

(Foto: Arlet Ulfers)

Mehr als zwei Drittel der mit 128 Seiten bislang stärksten Publikation des Arbeitskreises umfasst der Aufsatz, in dem Laut die romanischen Dorfkirchen im Pfarrverband Aufkirchen dokumentiert. Sowohl für die 822 erstmals urkundlich erwähnte Johanneskirche in Berg als auch für das Kirchlein St. Peter und Paul in Harkirchen und die Stephanuskirche in Mörlbach nimmt Laut romanische Bausubstanz aus dem 12. Jahrhundert an, alle Kirchen wurden jedoch in späteren Epochen umgestaltet. Während allerdings in Berg der romanische Baukörper mit der angesetzten Rundapsis noch gut zu erkennen ist, wurde die Kirche in Mörlbach bereits um 1500 mit einem spätgotischen Chor erweitert und ist mit ihrer bemerkenswerten Ausstattung aus derselben Zeit weitgehend erhalten geblieben.

Harkirchen Kirche St.Peter und Paul

Besonders prachtvoll ist der Altar der Harkirchner Kirche Sankt Peter und Paul, er zeigt die Krönung Mariaes.

(Foto: Georgine Treybal)

Auch in Harkirchen bestätigt Laut an drei Seiten Mauerstärken von mehr als einem Meter sowie den Rest eines romanischen Westgiebels, er geht jedoch, anders als der verstorbene Ortsgeschichtsforscher Hans Rudolf Klein, von einer Barockisierung des Kirchenbaus bereits im 17. Jahrhundert aus. Den Spekulationen zur Bauabsteckung und zum Patrozinium, die Laut für Berg und Harkirchen anstellt, wollte sich jedoch selbst Gantner nicht anschließen.

Ziel des Arbeitskreises ist es, historische Grundlagenforschung in der Region zu betreiben, wobei der Schwerpunkt der Arbeiten in der Siedlungsforschung liegt. Insbesondere sollen überörtliche Zusammenhänge im Vergleich der historischen Siedlungen in der Region herausgearbeitet werden. Gantner selbst hat für den jetzt erschienenen Band sogenannte Wüstungen, also aufgegebene Siedlungen und Wirtschaftsflächen, im oberen Würmtal untersucht. Insbesondere anhand von Laserscans, die Geländereliefs ohne Bewuchs darstellen können, lassen sich ehemalige Ackerflächen ablesen. In einer Übersichtskarte, die alte Siedlungsgebiete rund um den Forstenrieder Park zeigt, sind die jeweiligen Positionen wie auch ihre Beziehungen zu noch bestehenden Orten eingezeichnet: So gab es etwa nördlich von Wangen die Weiler Luiprethsried, Hermannsried und Raeuersried, zu Stockdorf gehörte die höher gelegene Siedlung Stadelaren und zu Krailling das ebenfalls weiter entfernt von der Würm gelegene Chrinling.

Ergänzt wird der Band schließlich von einem Aufsatz von Anton Brunner: Er listet verschiedenen Berufe auf, die es um und vor 1860 in Starnberg gab, ergänzend stellt er dar, wie sie sich in den alten Hausnamen niederschlagen. So finden sich etwa im Kataster von 1866 drei verschiedene Zimmereien, die durch die Bezeichnungen "Bachzimmermann", "Zimmermeister" und "Zimmertoni" unterschieden wurden, ebenso gibt es den "Altbäck" und den "Neubäck". Nicht zuletzt zeigt Brunner auf, wie sich das Leben in Starnberg durch die Fertigstellung der Bahnverbindung nach München ab 1854 und den aufkommenden Fremdenverkehr verändert hat: Es gab nun "Bahnmeister", "Bahnwärter" und "königliche Betriebsingenieure", aber auch der "Lohnkutscher" profitierte von den mit der Eisenbahn ankommenden Gästen, ebenso wie die Gastwirte und der Weinwirt, bald auch der "Photograph" und vielleicht auch der "Putzmacher", der "Kramer" und der "Bader".

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