Haushalt 2017:Starnberg lebt über seine Verhältnisse

Verkehr in Starnberg

Mit dem Verkehr tut sich die Stadt Starnberg schwer. Nun sind erhebliche Mittel im Haushalt eingeplant, um sowohl eine ortsferne Nord-Ost-Umgehung zu prüfen als auch mit der Seeanbindung weiterzukommen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bei den Etatberatungen wird deutlich, dass das Rücklagenpolster stark schmilzt. Zudem sollen Ausgaben der vergangenen Jahre vom Prüfungsverband nochmals unter die Lupe genommen werden

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Stadtrat hat den Starnberger Haushalt 2017 und die Finanzplanung für die Jahre 2018/19 mit 16:12-Stimmenmehrheit abgesegnet. Bei einem Gesamtvolumen in Höhe von 93,8 Millionen Euro - eine neue Rekordmarke - kommt die Stadt zwar ohne Neuverschuldung aus, und auch die Pro-Kopf-Verschuldung ist mit 603 Euro unter den bayerischen Landesdurchschnitt (655 Euro) gesunken. Allerdings ist auch das einst üppige städtische Rücklagenpolster bis auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindesteinlage von lediglich 1,17 Millionen Euro abgeschmolzen. Größte Ausgabeposten bleiben Kreisumlage (16,34 Millionen) und Personalkosten (15,54 Millionen). Neu in den Etat aufgenommen wurden auf Beschluss des Stadtrats jeweils eine halbe Million Euro zur Planung einer ortsfernen Nord-Ost-Umfahrung, den Bau des B2-Tunnels und die erwarteten Folgekosten im Hinblick auf die "Seeanbindung". Hinzu kommen 50 000 Euro für die Untersuchung einer Verkehrsentlastung in Percha sowie 20 000 Euro für einen Feuerwehranbau in Hanfeld.

An der Aussprache zum Haushalt 2017 beteiligten sich alle neun Fraktionen. Während die Vertreter von BMS, WPS und FDP den Entwurf erwartungsgemäß als ausgewogen, solide und transparent lobten, kritisierten die Vertreter der übrigen sechs Fraktionen überwiegend das mehr als 500 Seiten starke Zahlenpaket. So monierte Patrick Janik (UWG) angesichts der weiter sinkenden Rücklagen in Höhe von 7,19 Millionen mittel- bis langfristig eine "dramatische Einengung" des Handlungsspielraums. Die Stadt lebe über ihre Verhältnisse, weil die "Viertelmillionen bei uns extrem locker sitzen". Alle vorgelegten Planungen der Stadt seien im Durchschnitt 20 bis 25 Prozent zu teuer.

Fraktionskollege Otto Gaßner stellte angesichts des Rücklagenverlustes von nahezu 18 Millionen Euro in nur drei Jahren fest: "Dieser Haushalt lässt die großen Pläne Starnbergs endgültig zerplatzen." Im Fokus der Kritik von Christiane Falk (SPD) stand die Bürgermeisterin: Eva John habe im Hinblick auf den Haushalt ohne Begründung unnötig Zeitdruck aufgebaut. Die Budgetierung für den Bauhof sei "stillschweigend" aufgehoben worden, und der Gesamtentwurf sei intransparent, zumal den Stadträten wichtige Informationen vorenthalten geblieben seien. Diese Haltung vertrat auch Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp (BLS). Er vermisst im Haushalt wichtige Posten zur geplanten Fachoberschule (FOS) und der Straßenausbaubeitragssatzung. Rieskamp: "Wir müssen kontrolliert auf die Bremse treten." Für die Grünen verlas Annette von Czettritz unter dem Motto "Gemeinsam statt einsam" einen Beitrag von Martina Neubauer, die den Haushalt "auf wackeligen Füßen" sieht. Eine Vielzahl wichtiger Aspekte sei unberücksichtigt geblieben.

Thomas Beigel und Ludwig Jägerhuber (CSU) fehlte der "Weitblick" für die kommenden Jahre; man müsse genau überlegen, was Starnberg sich noch leisten kann. Einige wichtige Projekte seien gar nicht berücksichtigt, andere dagegen bereits im Entwurf enthalten, obwohl der Stadtrat noch gar nicht darüber beraten hat. Stefan Frey indes kritisierte, das vielfach "an der falschen Stelle Geld ausgegeben" wird. So sei etwa die Umgestaltung des Pausenhofs der Grund- und Mittelschule "völlig überzogen". Ohnehin gebe es in vielfach falsche Schwerpunkte sowie "viele Dinge, von denen wir gar nichts wissen". Die Zustimmung zum Gesamtpaket verdankt Bürgermeisterin John dennoch der CSU-Fraktion - ohne Frey -, die dem Entwurf trotz der Kritik mehrheitlich zustimmte.

Im Übrigen werden die Starnberger Finanzplanungen der Jahre 2015 und 2016 aller Voraussicht nach noch einmal auf den Prüfstand gestellt: Die UWG beantragt, dass der Bayerische Kommunale Prüfungsverband Haushaltsaufstellung und -vollzug vornehmlich daraufhin überprüft, "wie und wozu in zwei Haushaltsjahren Mittel in großem Umfang ausgegeben wurden". Im Fokus stehen alle Einzelmaßnahmen mit einem Volumen von mehr als 100 000 Euro. Zudem geht es um abgeschlossene Verträge, die die Stadt über das Jahr 2016 hinaus in irgendeiner Form verpflichten. Bürgermeisterin John hatte 2015 in der "stadtratlosen Zeit" den Haushalt in Eigenregie erstellt; 2016 wurde der Etat aufgrund der Einarbeitung des neuen Kämmerers "in großer Eile und nur mit einem Minimum der üblichen einhergehenden Haushaltsvorberatungen beschlossen. Nach Wahrnehmung der UWG ist "die Amtsführung der ersten Bürgermeisterin über weite Strecken von Intransparenz und eigenmächtigem Vorgehen geprägt". Die Sonderprüfung soll dazu dienen, wieder eine vertrauensvolle Arbeitsgrundlage zwischen Stadtrat und Bürgermeisterin herzustellen", heißt es im UWG-Antrag.

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