Druchgang verwehrt:Verbotene Verbotsschilder

Gilching

Sieht offiziell aus, aber weder Gemeinde noch Landratsamt sind für das Verbotsschild verantwortlich.

(Foto: Patrizia Steipe)

Gilchinger rätseln, wer ihnen den Weg über eine Wiese versperren will

Von Patrizia Steipe, Gilching

Das Biotop zwischen Autobahn und Flugplatzstraße in Gilching ist ein kleines Idyll. Bunt blüht die Frühlingswiese, Spaziergänger wandern über einen teilweise gekiesten Trampelpfad, ein paar Hundebesitzer treffen sich zur gemeinsamen Runde, Kinder spielen im kleinen Wäldchen. Im Winter wird der Lärmschutzwall an der Autobahn von den Kindern aus der Umgebung als Schlittenberg genutzt.

Seit ein paar Tagen stehen jedoch an allen Eingängen Schilder, auf denen das Betreten des Grundstücks untersagt wird. Wer sie aufgestellt hat und warum, weiß nicht einmal die Gilchinger Gemeindeverwaltung. "Wir waren es jedenfalls nicht", betonte Tobias Baumann vom Ordnungsamt. Das naturbelassene Grundstück, das von einer Gartenbaufirma gepflegt wird, ist eine Ausgleichsfläche. Ein Teil gehört der Gemeinde und wurde verpachtet, ein anderer Teil gehört der EADS. Auch die Bürger kümmern sich um ihren kleinen Park. "Erst vor ein paar Wochen habe ich Müll gesammelt", erklärt Anwohner Josef Wieser. Was die Schilder sollen, versteht er genauso wenig wie alle anderen Nutzer.

Rechtlich gesehen seien die Schilder nämlich illegal, erklärt Peter Drefahl von der Unteren Naturschutzbehörde im Starnberger Landratsamt. "Die können einfach eingesammelt werden", meint er und beruft sich dabei auf das in der Bayerischen Verfassung verankerte Betretungsrecht für die Allgemeinheit. "Alle Teile der freien Natur . . . können von jedermann unentgeltlich betreten werden", heißt es darin. Das gelte auch, wenn die Flächen in Privatbesitz sind, "wir leben schließlich nicht mehr im Feudalismus, bei uns gilt das sozialgebundene Eigentum", erklärt Drefahl. Es gebe zwar Fälle, bei denen auch in der freien Landschaft Verbotsschilder aufgestellt werden dürften, aber dann müsste zuvor die Naturschutzbehörde untersucht haben, ob es einen gesetzlichen Grund gibt, der eine Beschränkung des Betretungsrechts rechtfertigt und das Verbot offiziell genehmigen. "Das ist nur ganz selten möglich", versichert Drefahl.

Die kleine Ausgleichsfläche gegenüber der Gilchinger Tankstelle kennt er gut. "Das ist eine hübsche innerörtliche Grünfläche, die von der Bevölkerung gerne angenommen wird", weiß Drefahl. Bei den Spaziergängern machen indes wilde Gerüchte die Runde. Ein Anwohner glaubt, dass Weltkriegsbomben im Biotop vermutet werden. Eine Frau ist der Meinung, dass die vom Sturm Niklas gebeutelten Bäume eine Gefahr darstellen, andere glauben, dass Hundehasser hinter den Schildern stecken. Fakt ist: Das verfassungsmäßige Grundrecht können die Schilder nicht aushebeln. Das Privatgrundstück darf trotzdem betreten werden.

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