Gilching:Skelettklappern und Schmalztriefen

Gilching Gymnasium Streichertrio

Als spielfreudig und zupackend erwies sich das Streichertrio bei seinem Auftritt im Gilchinger Gymnasium. Es wurde mit langem Applaus belohnt.

(Foto: Nila Thiel)

Das Trio David Frühwirth, Johannes Zahlten und Graham Waterhouse begeistert das Publikum im Gilchinger Gymnasium

Von Reinhard Palmer, Gilching

Was bei diesem Konzert in der Aula des Gilchinger Gymnasiums deutlich ins Ohr fiel, war die Besonderheit der instrumentalen Kombination. Einerseits ist die Streichtriobesetzung klein genug, um jeder einzelnen Stimme eine solistische Bedeutung zukommen zu lassen. Andererseits ausreichend, einen farbenreich changierenden, substanzvollen Klangkörper zu ergeben. Für die schlanke Linie stand der Streichtriosatz B-Dur D 471 von Schubert so exemplarisch wie nur wenige dieser Gattung. Erstaunlich, welche Meisterschaft der gerade mal knapp 20jährige Komponist bereits erreicht hatte, einem in jeder Stimme so erfindungsreichen Satz dennoch Geschlossenheit und Schlüssigkeit zu verleihen.

Das Trio David Frühwirth (Violine), Johannes Zahlten (Viola) und Graham Waterhouse (Violoncello) behielt trotzdem die Transparenz des warmen Ensemblesatzes in luftiger Leichtigkeit bei, durchaus mit wehmütiger Schönmelodik. Diesem ausgesprochen kammermusikalischen Satz stand hier die Serenade D-Dur op. 8 von Beethoven gegenüber, die wiederum beispielhaft die satte, der Gattung der Serenade überaus angemessene Klangfülle vertrat. Schon die forsche Eröffnung mit der energisch pointierten Marcia machte den orchestralen Ansatz deutlich. Das Trio des Abends beherrschte aber auch den musikantischen Zugriff, der sich schon im vergnügt leichten Menuett bemerkbar machte, dann vor allem im "Allegretto alla Polacca" mit schmissiger Verve mitriss. Besonders reizvoll manifestierte sich die orchestrale Fülle in der weit gedehnten Melodik des Adagios, changierend zwischen beschwingter Motivik und melancholischer Verschattung, wie auch im warmtonig leichten "Andante quasi Allegretto" mit einer Reihe eng am Thema geführten Charaktervariationen. So klar und wohlklingend die Serenade auch konzipiert sein mag: Das Trio Frühwirth, Zahlten und Waterhouse fand darin auch Rätselhaftes. Vor allem in der etwas intonationsunsicheren Kombination aus unisono-melodischem Adagio und spritzig-tänzerischem Scherzo, die sich hier im Zentrum des Werkes geradezu gegenseitig die Führung abzujagen versuchten. Wie schon Mozart - hier mit einer Bach-Transkription (Wohltemperiertes Klavier Bd.1 Nr.8 in dis-Moll) als Präludium und Fuge d-Moll KV 404a präsent -, war auch Beethoven in Nachfolge sonst ein Meister des feinsinnigen Changierens zwischen charakterlichen Gegensätzen. So ein schroffes Kontern von Adagio und Scherzo hatte bei Beethoven daher etwas Burleskes, was letztendlich auch eines der Themen im Programm war.

Einen Anflug davon konnte man auch im Intermezzo von Zoltán Kodály heraushören, doch dort sogleich ins Melos oder mit nachdrücklicher Rhythmik ins Beschwingte umschwenkend, da auf ungarische Folklore zurückzuführen. Ausgeprägt kam der burleske Zug erst in der Uraufführung eines Werkes von Waterhouse zustande. "Totentanz" betitelt, war diese jüngste Komposition im Programm nicht gar so todernst zu nehmen. Er habe sich von einem Kupferstich aus dem 15. Jahrhundert mit dem tanzenden Skelett als Personifikation des Todes inspirieren lassen. Dieser durchaus bespottete, ins Lächerliche gezogene Tod mit seinem klappernden Gerippe war das Programm des Werkes von Waterhouse, was das Trio mit ungelenker Pizzicato-Humoristik teils sogar grooven ließ. Es hatte was von Slapstick, wenn auch nicht ganz ohne unheimlichen Hintergrund.

Wie ein Resümee des Abends mutete indes "Zeichenstaub" von 2010 ebenfalls aus der Feder von Waterhouse an. Im Mittelsatz, dem "Ethereal", platzierte er mit Flageoletts und kontrastierendem Pizzicato einen behut- und empfindsamen Dialog im Zentrum.

Das letzte Wort sollte dem leichten, voraneilenden "Perpetuum" vorbehalten bleiben. Im Kontrastpaar zwischen leichter Melodik und forteilender Rhythmik bis hin zu einer energischen Steigerung zum wuchtigen, ja wilden Finale demonstrierte Beethoven und auch das Ensemble des Abends einen Sinn für ein effektvolles, spielfreudiges Zupacken. Lang anhaltender Applaus und Artur Rubinsteins Melodie in F op. 3/1 als wunderbar schmalzige Zugabe.

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