Gilching:Paukenschläge zur Schneckenplage

Der "Bairisch Diatonische Jodelwahnsinn" ist zur Freude der Fans wieder ausgebrochen

Von SYLVIA BÖHM-HAIMERL, Gilching

Gottfried hat wirklich Pech. Zuerst findet er nicht den richtigen Rhythmus, dann rollt ihm auch noch die Trommel weg. Dabei fängt alles so gut an bei der Vorpremiere der wiederauferstandenen Kult-Band "Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn" im Oberen Wirt. Petra Amasreiter, neues Band-Mitglied und E-Geigerin, darf einen Aushilfsschlagzeuger aus dem Publikum wählen, weil sie heute Geburtstag hat. Sie lässt ihre Blicke über den voll besetzten Saal schweifen und pickt sich zielsicher Gottfried heraus. Der Starnberger hat heute ebenfalls Geburtstag und bekommt nun Gelegenheit, sich sein eigenes Geburtstagsständchen spielen. Nun soll er zum "Hey, hey, hey" auf die Pauke hauen. Zunächst kommen die Schläge zaghaft und verzögert, doch am Ende hat er den Bogen raus und hämmert auf die Trommel ein, was das Zeug hält. Sogar einen richtigen Punk habe er reingebracht, lobt Band-Gründer Otto Göttler: Ja mei, wer aus Starnberg kommt, muss im fernen Gilching die Sau rauslassen, dann kann man wieder lammfromm in die Kreisstadt zurückkehren. Göttler hat für jede Gelegenheit den passenden Spruch parat, spontan und frech, manchmal auch tiefsinnig, aber nie böse oder gar kränkend. Und das Publikum kringelt sich vor Lachen.

Der ehemalige Weinhändler und Radrennfahrer Otto Göttler hat den "Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn" vor nahezu 30 Jahren gegründet. In den 90er Jahren kam der gelernte Musiklehrer Josef Brustmann dazu. Volksmusik vom Gstanzl über Walzer und Landler, abgewandelt mit Blues, Rap oder Rock, versetzt mit bairisch-skurrilen, zuweilen bissigen Texten, waren stets Markenzeichen der "Jodelwahnsinnigen". Bei der Kulturmoni sind sie zuletzt 2002, damals noch in Raabes Wirtshaus, aufgetreten. Kurz darauf ging jedes Bandmitglied erst mal seine eigenen musikalischen Wege. Göttler war seither 15 Mal zu Gast bei Monika Rother, etwa mit der "Unverschämten Wirtshausmusik". Doch nun ist der "Jodelwahnsinn" wieder da und besser denn je. Das ist nicht zuletzt Amasreiter zu verdanken, die das Trio mit ihrem virtuosen Geigenspiel bereichert. Göttler und Brustmann spielen ihre diversen Instrumente souverän, während sie sich frotzeln wie ein altes Ehepaar.

Es geht Schlag auf Schlag mit ihren messerscharfen Beobachtungen: Da gibt es ein kritisch-humorvolles Statement zur Plastiktüte und sogar das Publikum darf auf als Begleitinstrumente ausgeteilten Plastiktüten mitspielen. Auch Oktoberfest oder eine Burger-Kette werden spöttisch aufs Korn genommen. Und dann wird wieder die Schneckenplage besungen und wie man ihr begegnet: ob mit Bierfalle oder Salz, ob mit Schneckenkorn oder brutalem Schaufelhieb. Und wer seinen Nachbarn nicht mag, der wirft seine Schnecken über den Zaun. Das alte Lied "Auf der Mauer, auf der Lauer" wird mit einem Text über einen Virus auf dem Touchscreen-Handy auf den neuesten Stand gebracht und zur Melodie von "Der Dritte Mann" wird Sigmund Freud besungen.

Ganz selten sind die Texte politisch, etwa wenn das Trio "zu Ehren" von Angela Merkel den Walzer "Angie" spielt. Mitunter wird es sanft und melancholisch, etwa bei einem Lied über den Tod. Bei der Kulturmoni jedenfalls hat der"Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinn" mit seinem Revival schon jetzt eine neue Fangemeinde gewonnen, die sehnsüchtig auf den nächsten Auftritt wartet.

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