Gilching:Landrat blitzt in Gilching ab

Flüchtlingsunterkunft ohne Flüchtlinge

Die Traglufthalle in Gilching steht leer. Das Landratsamt Starnberg hatte Mängel festgestellt, die nun beseitigt sind. Jetzt fehlen die Flüchtlinge.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Gemeinderat lehnt den von Karl Roth gewünschten Bau einer Containersiedlung für Flüchtlinge an der Weßlinger Straße ab. Stattdessen soll eine Unterkunft auf dem Gelände an der Landsberger Straße errichtet werden

Von Christian Deussing, Gilching

Landrat Karl Roth (CSU) kam als Bittsteller am Dienstagabend nach Gilching. Er stand mit dem Rücken zur Wand und kämpfte darum, dass die Gemeinderäte der Asylunterkunft an der Weßlinger Straße neben dem Obdachlosenheim endgültig zustimmen. Denn die bestellten Container aus Slowenien - auch für Berg, Tutzing und Pöcking bestimmt - werden in Kürze geliefert und die Handwerker sind längst gebucht. Doch mit knapper Mehrheit lehnte der Gemeinderat den Standort am Ortsrand beim Baggersee ab. Der Landrat, Kreisbaumeister Christian Kühnel und Asylreferent Stefan Derpa vom Landratsamt waren geschockt.

Es wurde aber nach einem SPD-Antrag nicht nur der einstige Beschluss zur geplanten Asylunterkunft für 144 Personen an der Weßlinger Straße gekippt. Denn nun werden die Staatsregierung und das Landratsamt zudem aufgefordert, auf dem recht zentral gelegenen Areal neben der Straßenmeisterei Wohncontainer zu errichten. Die Fläche gehört dem Freistaat, der dort eine Unterkunft zwar bauen wollte, aber dann plötzlich einen Rückzieher machte. Das staatliche Hochbauamt begründete dies mit einem Gutachten, das auf verunreinigte Böden hinweist. Auch Ornithologen hätten wegen der Saatkrähen an der Landsberger Straße ihre Bedenken angemeldet, berichtete der Landrat. Das Gutachten sei bereits im vergangenen Dezember erstellt worden, er habe jedoch erst vor Kurzem davon erfahren, so Roth.

Das Verhalten des Freistaats bezeichneten mehrere Gemeinderäte als "fadenscheinig, ungehörig und verschleiernd". Rechtsreferent Fritz Wauthier (SPD) meinte, "hier von der Staatsregierung verschaukelt zu werden". Das sei alles kein Zufall gewesen. Fraktionskollege Christian Winklmeier monierte die mangelhafte Transparenz und den Druck, zu den Asylunterkünften oft "kurzfristige Beschlüsse" fassen zu müssen. Matthias Vilsmayer (Freie Wähler) sagte, dass sich die Gemeinde "nicht erpressen lassen" dürfe und der viel zu weit entfernte Standort an der Weßlinger Straße eine "Ghettoisierung und sozialen Brennpunkt" schaffe. Außerdem befürchtet er, Flüchtlinge könnten trotz Schildern im nahen Weiher ertrinken.

Gefragt wurde im Gremium auch danach, was denn sei, wenn auch an der Weßlinger Straße der Boden verunreinigt wäre. Schließlich habe sich in dem geplanten Bereich früher eine Mülldeponie befunden, wie Wasserreferentin Dorothea Heutelbach anmerkte. Das sah Bürgermeister Manfred Walter (SPD) aber keinesfalls als ernsthaftes Problem an - weil das benachbarte Obdachlosenheim bereits auf einer Altlastenfläche stehe. Der Rathauschef erklärte, dass auch für ihn die Weßlinger Straße nicht der Wunschstandort sei. Doch dem Landkreis müsse geholfen werden, zudem habe die Gemeinde die Chance, für anerkannte Flüchtlinge und weitere Obdachlose dort Container anzumieten. Allerdings konnte sich auch Walter nicht im Gremium durchsetzen.

Zur Farce hat sich die Traglufthalle auf dem Gilchinger Festplatz entwickelt, die seit fünf Monaten bereits leer steht. Nach statischen und technischen Problemen hätte laut Roth die Halle seit dem 1. Mai mit Asylbewerbern belegt werden können. Doch seitdem seit Wochen keine Flüchtlinge mehr kommen, ist die beleuchtete Traglufthalle wohl überflüssig geworden. Doch über den Abbau und die Kosten der vergangenen Monate streitet die Kreisbehörde noch mit der zuständigen Firma aus Berlin. Auch das ist für Landrat Roth äußerst misslich. Sein Hilferuf in Gilching ist verhallt.

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