Gilching:Dreieinhalb Stunden Kurzweil

Gilching Oberer Wirt, Les Derhosn

Nachwuchsmagier Max Olbrich scheut sich nicht, eine Zuschauerin auf die Bühne zu holen. Er ist einer der jungen Künstler, die in der Comedy-Lounge auftreten dürfen.

(Foto: Georgine Treybal)

Michi Marchner und Martin Lidl präsentieren in ihrer Comedy-Lounge junge Nachwuchskünstler und Routiniers. Ihre Mischung aus Musik, Kabarett, Poetry Slam und Zauberei kommt auch beim Publikum im Alten Wirt Gilching bestens an

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Gilching

Wie durch Zauberhand modelliert Max Olbrich aus einem zerknüllten Tempotaschentuch einen Origami-Schwan. Oder er löst in Sekundenschnelle das ungeordnete Chaos eines Zauberwürfels, während er gleichzeitig erklärt, wie hoch die Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten ist. Auch der Tisch, der scheinbar schwerelos nach oben schwebt, wenn das Tischtuch hochgezogen wird, ist eigentlich ein Klassiker unter den Zaubertricks. Doch der Nachwuchsmagier Max Olbrich versprüht auf der Bühne so viel Lausbubencharme, dass selbst die banalsten Kartenspielereien die Zuschauerherzen höherschlagen lassen. Keine Frage, Olbrich schafft es das Publikum mit immer neuen Kombinationen altbekannten Magier-Repertoires zu überraschenden und tosender Applaus ist ihm sicher.

Wehe aber der Zuschauerin in der ersten Reihe, die sich vom Geschehen auf der Bühne nicht beeindruckt zeigt oder versucht, möglichst unbeteiligt wegzusehen, wenn eine Assistentin gesucht wird. Sie wird dann erst recht und sofort in den nächsten Sketch einbezogen. Der 22-jährige Max Olbrich ist einer der Nachwuchskünstler, die Michi Marchner und Martin Lidl in der jüngsten Comedy-Lounge präsentierten. Die beim Publikum beliebte Veranstaltung hatte früher immer den Alten Bahnhof in Steinebach gefüllt. Als jedoch der damalige Wirt vor zwei Jahren aufgab, drohte auch der Comedy Lounge das Aus. Im vergangenen Jahr aber haben Marchner und Lidl glücklicherweise eine neue Bleibe bei Monis Brettl in Gilching gefunden.

Das Duo steht seit knapp 30 Jahren als "Les Derhosn" gemeinsam auf der Bühne, regelmäßig etwa im Schwabinger Vereinsheim. In dieser Zeit haben sie viele Kollegen von hohem Niveau getroffen. Und viele davon, vor allem die jungen Nachwuchskünstler, sind es wert, dass man ihnen ein Forum gibt. Die spektakulärsten Talente laden die beiden Musiker vom Ammersee seither in ihre Comedy Longe ein. Und mit der Mischung aus Musik, Kabarett, Poetry Slam und Zauberei gelingt es sogar den großen Saal im Oberen Wirt zu füllen.

Der Funke springt sofort über, als Marchner von seinem Versuch berichtet das Rauchen aufzugeben oder erzählt, wie sehr er seinen 14-jährigen Sohn beneidet, weil der gleich zwei Freundinnen hat. Der Comedian erntet viele Lacher und Zwischenapplaus. Eine lange Freundschaft verbindet ihn und Lidl mit Horst Eberl, der in seinen selbst geschriebenen Songs das männliche Ego im Beziehungsgeflecht zwischen Mann und Frau beleuchtet oder von einem Fettnäpfchen im Alltagsleben ins nächste stolpert. Eberls Lied über die Peinlichkeiten des Lebens wurde viel beklatscht. Und als er von der guten alten Zeit schwärmt, in der es noch zum Fernseh-Sendeschluss die Bayernhymne und ein Testbild gab und Männer noch im Stehen pinkeln durften, reißt er das Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen hin.

Gegen so viel Witz hat es der aus Fernsehserien wie München 7 oder Rosenheim-Cops bekannte Schauspieler Winnie Frey schwer anzukommen. Zumal er seine erste Show auch noch mit heruntergelassener Hose bestreitet. Doch nach seinem leicht holprigen Start kommt er immer mehr in Fahrt und amüsiert das Publikum prächtig mit seinen Erlebnissen im Ehealltag: "Ich liebe meine Frau. An Scheidung habe ich noch nie gedacht, an Mord öfter." Nicht ins Schema Comedy passt die Liedermacherin und Nachwuchskünstlerin Lucie Mackert. Sie liefert eine sympathische Mischung aus zarten, ruhigen Songs und einer wehmütigen Betrachtung des Lebens an sich. Alle Künstler geben ihr Bestes und Les Derhosn runden den Abend persönlich mit eigenen Songs ab. Obwohl die Zeit heillos überzogen wird, kommt selbst in dreieinhalb Stunden keinerlei Langeweile auf. So mancher Besucher wird sich schon jetzt den Termin im nächsten Jahr vormerken: Es wieder der Tag nach Aschermittwoch.

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