Gilching:Aufwühlendes Abenteuer

Graham Waterhouse spielt in Gilching eigene Kammermusik

Von Reinhard Palmer, Gilching

"Inspirationen" hat Graham Waterhouse als Motto für das Porträtkonzert im Rahmen der Gilchinger Kunst- und Kulturwoche gewählt. Gemeint ist damit die Eingebung, die den Horror Vacui, die Angst vor dem leeren Blatt wohl jedes kreativen Künstlers, zu überwinden vermag. Aber Waterhouse präsentierte sich in der Aula des Gymnasiums nicht nur als Komponist, er gehörte als Cellist auch zum aufführenden Kammerensemble, das engagiert und vital seine Werke darbot. Die Geschwister Katharina Sellheim, Pianistin aus Hannover, und Konstantin Sellheim, ein Bratscher der Münchner Philharmoniker, sowie der renommierte Geiger David Frühwirth ließen sich auf das Abenteuer eines höchst emotionalen Programms ein.

Aber es gab auch eine heitere Zäsur - in der sich Waterhouse' Sohn Jacob als Solist vor dem Streichertrio sein eigenes Geburtstagsständchen spielen durfte. Der Matrosentanz "Mayflower Hornpipe", der weit fröhlicher klingt, als es das Schicksal der gescheiterten Amerikasegler auf der "Mayflower" von 1620 war, ist ursprünglich explizit für ihn komponiert. Sein zwölfter Geburtstag gab Anlass, über die musikalischen Anfänge des Vaters zu sprechen. Auch er sei viel lieber geschwommen und habe lieber geturnt als Cello geübt, gab er zu. Das Komponieren habe er dem Üben vorgezogen, etwa um im Familienstreichquartett auch mal eine Führungsstimme spielen zu können, anstatt immer nur zur Basslinie bei Haydn verdonnert zu sein.

Einen familiären Bezug knüpfte im Programm "Epitaphium" zum Gedenken an den 2007 verstorbenen Vater, den berühmten Fagottisten und Musikwissenschaftler William Waterhouse. Ein sinnierendes Streichtrio von eigentümlicher Atmosphäre, der eher auf einen emotional-intuitiven Musenkuss zurückging. Ganz anders die sehr konkrete Eingebung des viersätzigen Klaviertrios "Bei Nacht", das die Empfindungen nach der Betrachtung eines Kandinsky-Gemäldes in eine aufwühlende Erzählung einband. 1999 entstanden, ist es kein traumwandlerisch-romantisches Nocturne: Diese Nacht steckt voller Geheimnisse und banger Ahnungen, nimmt dabei aber konkrete, klare Konturen an. Die Schlüssigkeit des erzählerischen Spannungsbogens sei das formale Ziel beim Komponieren, konstatierte Waterhouse dazu, und die Musik demonstrierte, wie das gemeint war.

Besonders schwierig erschien diese Aufgabe in der "Sonata Ebraica", die auf langen, teils melodischen Linien basiert und im Adagio ein altes polnisch-jüdisches Lied zitiert. In der Kleinbesetzung für Viola und Klavier erhielt es enorme Eindringlichkeit und emotionale Spannung. Beides sollte sich im von der Odyssee inspirierten "Skylla und Charybdis" noch einmal steigern: Die sprichwörtliche Wahl zwischen zwei Übeln hatte es schon im Meeresbrausen in der Musik von Waterhouse ordentlich in sich. Ein höchst erregtes Werk, das mit der Ruhe zwischen den Stürmen den Kontrast zum Aufbrausen bot. Mit einer "Jugendsünde", einem polnischen Tanz von 1979 als Zugabe, schickte Waterhouse die begeisterten Zuhörer dann aber doch entspannt nach Hause.

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