Gerichtsurteil:"Uneinsichtig und unbelehrbar"

Mit Rechen auf Tante losgegangen: Gericht verurteilt 41-jährigen Studenten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung

Von Christian Deussing, Inning

Seit Jahrzehnten streiten sich der hagere, hochgewachsene Münchner und seine Verwandten - oder reden gar nicht miteinander. Die Situation eskalierte dann in einem Garten im Inninger Ortsteil Buch vor einigen Monaten, als der 41-Jährige laut Anklage mit dem Rechen zweimal versuchte, seiner 77-jährigen Tante auf den Kopf zu schlagen. Dabei habe er ihr auch ins Gesicht gespuckt und damit beschimpft, der "letzte Dreck" zu sein. Gegen den Strafbefehl von 3600 Euro (90 Tagessätze à 40 Euro) hatte der Angeklagte vor dem Amtsgericht Starnberg Einspruch eingelegt.

Doch der Informatik-Student hatte sich am Mittwoch in der Verhandlung verrechnet: Er wurde wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt und hat als Auflagen 3500 Euro zu zahlen und 80 Sozialstunden abzuleisten. Richterin Christine Conrad begründete die viel härtere Strafe damit, dass sich der Angeklagte auch im Prozess "völlig uneinsichtig und unbelehrbar" gezeigt habe. Er sei mit erhobenem Rechen auf seine Tante und auch auf deren Tochter losgegangen, wobei sie mit den Zinken auf schlimmste Weise hätten verletzt werden können. Der ledige Mann war bereits vor gut einem Jahr wegen Nötigung zu 1600 Euro verurteilt worden, weil er damals mutwillig auf dem Grundstück, das ihm nur teilweise gehört, die Auffahrt zugeparkt hatte. Die Amtsrichterin mahnte den Mann jetzt ausdrücklich. "Wenn es so weiter geht, landen Sie im Knast."

Der hochnervöse Angeklagte wandte sich von der Richterin ab und grinste zornig seine Verwandten an. Die hatten wegen seiner Attacken die Polizei gerufen und ihn angezeigt. Die Zeugen hätten nach Ansicht der Staatsanwältin "schlüssig und nachvollziehbar" den Vorfall geschildert. Demnach wollte die Tante ihren Neffen in dessen Garten nebenan auf "etwas ansprechen". Sie habe dabei den Rechengriff des Mannes kurz festgehalten, woraufhin er sie anspuckte und mit dem Gerät schlagen wollte. Die 77-Jährige konnte den Hieben gerade noch ausweichen, während die herbeigeeilte Tochter ihren Cousin am Bart zog. "Denn er wollte auf meine Mutter mit dem Rechen einhauen", sagte die 43-jährige Zeugin. Sie erwähnte hierbei, dass sich an dem Tag der Cousin wegen einer Lkw-Lieferung geärgert habe.

Der Angeklagte erzählte dagegen eine etwas andere Geschichte. So hätten beide Frauen "unerlaubt seinen Wohnsitz betreten", ihn am Ärmel und Kragen gezerrt und zwei Knöpfe abgerissen. Er habe "in Notwehr" gehandelt und den Rechenstiel wie ein "Croupier in Bauchhöhe gehalten". Doch die Staatsanwältin und auch das Gericht glaubten der Version nicht. Zudem befassten sie sich mit der ständigen Behauptung des Angeklagten, sich doch auf dem eigenen Grundstück wehren zu dürfen. Aber auch dort dürfe man keine Straftaten begehen, wies ihn die Richterin zurecht. Vor allem sei in diesem Fall nicht im geringsten eine "Notwehrlage" zu erkennen.

Ob diese Erläuterungen bei dem 41-Jährigen angekommen sind, ist zweifelhaft. Er hatte - auch ohne anwaltliche Hilfe - einen Freispruch verlangt. Doch mit diesem Ansinnen ist der Angeklagte in der Verhandlung grandios gescheitert.

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