Gericht:Die Tochter angeblich 115 Mal missbraucht

Unter Ausschluss

Die rechtliche Grundlage für den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Gerichtsverhandlungen bildet der Paragraf 171 b des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Danach kann ein Gericht die Öffentlichkeit ausschließen etwa dann, wenn Dinge aus dem persönlichen Bereich eines Prozessbeteiligten in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen. Bei Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen soll das Gericht nach Paragraf 171 b Absatz 2 die Öffentlichkeit sogar ausschließen. sal

Handwerker soll sich über drei Jahre hinweg an dem Mädchen und an deren Cousine vergangen haben. Die Anklage der Staatsanwaltschaft umfasst nicht weniger als 13 Seiten mit ungeheuerlichen Vorwürfen

Von Andreas Salch, Starnberg

Ein Handwerker aus dem Landkreis soll seine eigene Tochter über drei Jahre hinweg immer wieder sexuell zum Teil schwer missbraucht haben. Die Staatsanwaltsschaft legt dem 47-Jährigen, der sich seit Dienstag vor dem Landgericht München II verantworten muss, 115 Übergriffe an dem Kind zur Last. Zudem soll sich der Mann auch an seiner Nichte vor deren 14. Geburtstag vergangen haben. Die Staatsanwaltschaft geht ihrer Anklage von "mindestens" 32 Fällen aus.

Erstmals soll der Handwerker seine Tochter 2012 sexuell schwer missbraucht haben. Das Mädchen war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre alt. Für den Fall, dass sie jemanden etwas erzähle, soll der 47-Jährige dem Mädchen gedroht haben, dass es dann "scheppern" werde. Offenbar war das Kind völlig verschüchtert. Denn erst Ende 2014 soll es sich seiner Mutter (47) anvertraut und ihr erzählt haben, dass der Vater sie missbrauche. Mindestens einhundert Übergriffe, so die Anklage, sollen sich im Badezimmer der ehelichen Wohnung zugetragen haben. Im Alter von neun Jahren, so die Staatsanwaltschaft, seien dem Kind vom Angeklagten sowohl Zeichentrickfilme mit sexuellem Inhalt als auch Pornofilme gezeigt worden.

Zu den mutmaßlichen sexuellen Übergriffen auf die Nichte soll es im Sommer 2004 gekommen sein. Das Kind war damals 13 Jahre alt. Der 47-Jährige habe vor allem Familientreffen genutzt, um sich an dem Kind zu vergehen, heißt es in der Anklage. Die Familientreffen fanden bei der Oma des Mädchens statt. Dabei soll der Handwerker mit dem Kind in ein leer stehendes Austragshaus auf dem Grundstück der Großmutter gegangen sein, wo er es dann angeblich missbraucht habe.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft umfasst nicht weniger als 13 Seiten. Darauf sind sämtliche mutmaßlichen Übergriffe in allen Details aufgelistet. Die Vorwürfe klingen ungeheuerlich. Während der Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwalt Matthias Braumandl, saß der Handwerker aufrecht mit gefalteten Händen auf seinem Platz auf der Anklagebank. Mitunter schüttelte er leicht den Kopf oder verdrehte die Augen, so als wolle er die Vorwürfe weit von sich weisen. Die meiste Zeit jedoch saß der 47-Jährige, der eine dunkle Hose und ein lappriges weißes T-Shirt anhatte, völlig regungslos da.

Nach Verlesung wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Vertreterin der Nebenklage hatte zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt. Auch die beiden Verteidiger des Handwerkers schlossen sich diesem Antrag an. "Wir können dem ausdrücklich zustimmen", sagte Rechtsanwalt Peter Witting. Der Handwerker kam Ende Dezember 2015 in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen ihn wurde mehrmals außer Vollzug gesetzt. Das Oberlandesgericht München hatte daraufhin jedoch stets wieder Haftfortdauer angeordnet. Der Prozess dauert an.

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