Gericht:Die falschen Freunde

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Ein 20-jähriger Gautinger beschimpft Polizisten als Hampelmänner und droht einer Frau, sie umzubringen. Er und sein jüngerer Bruder, der unerlaubt Waffen bei sich trug, müssen nun einen Freizeit- und einen Dauerarrest absitzen

Von Armin Greune, Gauting

Er hat schon öfter vor Gericht gestanden: Gemeinschaftlicher Diebstahl, Schwarzfahren und zwei Fälle von Drogenbesitz stehen bereits im Strafregister des 20-Jährigen. In allen Fällen sah die Justiz von einer Strafverfolgung ab. Zu Einsicht und Reue hat dies freilich nicht geführt. Nun muss sich der arbeitslose Gautinger gleich wegen drei weiterer Straftaten vor Gericht verantworten. Am 10. Juni vergangenen Jahres hatte er in angetrunkenem Zustand Polizeibeamte bei einer Kontrolle bedroht, genötigt und als "Hampelmänner" tituliert. Zwölf Tage später drohte er einer Frau, die er für eine Denunziantin hielt, sie umzubringen. Und bei einer Hausdurchsuchung im September fand man bei ihm abermals Drogen - wenngleich auch nur acht Gramm Marihuana.

Weil zudem eine Feinwaage entdeckt wurde, liegt für die Staatsanwältin der Verdacht nahe, dass der 20-Jährige mit Cannabis dealt - nachzuweisen ist dies aber nicht. Die beiden anderen Straftaten hingegen stehen aufgrund der Zeugenaussagen außer Zweifel. Eine 50-Jährige schildert, wie sie der Angeklagte auf der Terrasse eines Gautinger Cafés fixiert und angesprochen hatte: "Wenn du noch einmal die Polizei rufst, bist du tot." Abgesehen davon, dass sie sich zu Unrecht verdächtigt fühlte, habe sie die Bedrohung durchaus ernst genommen, sagt die Zeugin: "Ich hatte schon deswegen Angst, weil er in dem Ort gearbeitet hat, in dem ich wohne."

Die Jugendgerichtshelferin hatte zuletzt vor zwei Jahren Kontakt mit dem Angeklagten. "Er ist eigentlich ein ganz netter Junge, hat aber die falschen Kumpels", fasst sie ihre Eindrücke von damals zusammen. Auf ihre Frage hin sagt der 20-Jährige freilich, dass sich an seinem Bekanntenkreis nichts geändert habe. Immerhin entschuldigt er sich für seine Entgleisungen und beteuert, "gerade fleißig Bewerbungen zu schreiben". Sein Verteidiger erklärt das Auftreten vor den Polizeibeamten mit einem "ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber dem kleineren Bruder": Der inzwischen 16-Jährige war bei der Kontrolle am 10. Juni dabei und fühlte sich offenbar besonders schutzbedürftig, denn er führte in einem Rucksack einen ungeladenen Schreckschussrevolver und ein Einhandmesser mit sich. Wegen des unerlaubten Waffenbesitzes sitzt auch er auf der Anklagebank - allerdings zum ersten Mal. Offenbar orientiert er sich am Verhalten seines älteren Bruders: Nur zwei Wochen vor dem Ende seiner Schullaufbahn ist er noch von der Hauptschule geflogen, das Abschlusszeugnis hat er dennoch erhalten.

Bereits die Vertreterin des Jugendamtes meint, dass "man bei beiden nicht mehr um einen Arrest herumkommen wird." Jugendrichter Ralf Jehle spricht gegen den Jüngeren einen Freizeitarrest von einem Wochenende aus: Der 16-Jährige habe "ein nicht alltägliches Bedrohungspotenzial aufgeboten." Beim Älteren sei das Maß nun endgültig voll: Dessen Delikte könne man "nicht mehr als bloße Lausbubenstreiche abtun". Er verurteilt den 20-Jährigen zu einem einwöchigen Dauerarrest. Zudem muss sich der Angeklagte regelmäßig Drogentests unterziehen und darf sich ein Jahr lang nicht mehr alkoholisiert in der Öffentlichkeit erwischen lassen.

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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