Gauting:Zurück ins letzte Jahrtausend

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Die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger hat rechtliche Bedenken, wenn die Gemeinde zu viel im Internet veröffentlicht. (Foto: Fuchs)

Der Gautinger Gemeinderat will mehr Transparenz, doch die Bürgermeisterin wehrt sich dagegen

Von Michael Berzl, Gauting

Beim Datenschutz nimmt es die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) ganz genau. Mit Veröffentlichungen im Internet verfährt die Rathausverwaltung sehr restriktiv, seit ein Fachmann vom Gemeindetag den Kommunalpolitikern seine Sicht der Dinge erläutert und empfohlen hat, mal lieber vorsichtiger zu sein. Nun geht es nach der Devise: lieber weniger als mehr zu veröffentlichen. Lange Zeit war online nachzulesen, was in Sitzungen von Gemeinderat und Ausschüssen besprochen wurde; damit ist jetzt Schluss. Ganze zwei Protokolle stehen derzeit auf der Homepage. Außerdem werden Beschlussvorlagen nicht mehr vor Sitzungen an die Presse versandt.

Diese Informationspolitik ist weit restriktiver als unter Kössingers Amtsvorgängerin und bei Amtskollegen in anderen Rathäusern. Die Gemeinden in Gilching und Herrsching beispielsweise, auch die Stadt Starnberg und das Landratsamt verschicken vor Sitzungen umfangreiche Unterlagen, aus denen hervorgeht, was besprochen wird und wie die Verwaltung dazu steht. Auch in Gauting war das lange Zeit so üblich.

Jetzt nicht mehr, seit Andreas Gaß vom Bayerischen Gemeindetag rechtliche Bedenken geäußert hat. In dem Weg "zu mehr Intransparenz" sieht Tobias McFadden von der Piratenpartei einen "Rückschritt ins letzte Jahrtausend" und ein "denkbar schlechtes Signal an die Öffentlichkeit". Auch dem Gautinger Gemeinderat geht es zu weit, wie sich das Rathaus hier abschottet. Die deutliche Mehrheit hat für einen Antrag McFaddens gestimmt, der mehr Öffentlichkeit fordert und unter anderem vorsieht, dass Beschlussvorlagen für öffentliche Sitzungen wieder im Internet veröffentlicht werden. Nach dem Vorschlag des Piraten soll das auch in der Geschäftsordnung festgeschrieben werden. Den Antrag haben auch einzelne Vertreter der CSU unterstützt und damit gegen die Bürgermeisterin aus den eigenen Reihen gestimmt.

Doch die Mehrheitsentscheidung bleibt vorerst folgenlos, denn Kössinger kündigte sofort nach der Abstimmung an, sie werde den Beschluss nicht umsetzen, sondern dem Starnberger Landratsamt zur Prüfung vorlegen. Die Bürgermeisterin befürchtet datenschutzrechtliche Probleme. Die Debatte über Transparenz in der Kommunalpolitik verfolgte außer zwei Pressevertretern lediglich ein Zuhörer.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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