Grabungen:Womit die alten Römer zahlten

Die Hobbyhistoriker Hansjörg und Irmgard Hägele haben die in Gauting entdeckten Münzen aus dem Imperium Romanum entziffert, dokumentiert und auf ihre Bedeutung für das tägliche Leben hin untersucht. Nun ist ihr Buch über die Funde herausgekommen

Von Blanche Mamer, Gauting

Mehr als drei Jahre haben Hansjörg und Irmgard Hägele gebraucht, um die 465 Münzen aus der Römerzeit, die in Gauting gefunden wurden, zu entschlüsseln. Für das Schreiben des Buchs "Römische Münzen aus Gauting" hat der Diplommathematiker ein weiteres Jahr benötigt, das Manuskript gab er im Mai 2015 beim Likias Verlag in Friedberg ab. Am vergangenen Donnerstag hielt der Hobbynumismatiker nun endlich das fertige Buch mit dem Titelbild einer Münze von Kaiser Traian in Händen - gerade rechtzeitig für die Präsentation beim Jour Fixe der Gautinger Archäologen am Freitag.

Es ist der erste Band der populärwissenschaftlichen Reihe über die römischen Ausgrabungen in Gauting, dem historischen Vicus Bratananium. Zehn Bände will die Gesellschaft für Archäologie und Geschichte Oberes Würmtal in den kommenden Jahren herausgeben, um die mehr als 190 000 Funde historisch aufzubereiten.

Für die Mitglieder des Jour Fixe war klar: Das Warten auf das Münzbuch hat sich gelohnt, nicht schnell genug konnte der Vorsitzende Karl Ludwig Hebler die Bücher auspacken. Die mehr als hundert Seiten starke Ausgabe basiert auf einer wissenschaftlich fundierten Auswertung und gibt eine übersichtliche, informative und gut verständliche Darstellung der Münzfunde in der Würmtalgemeinde. Sie wendet sich an geschichtlich interessierte Leser in der Region, Heimatforscher und Schulen und ist eine Fundgrube für all jene, die von der Geschichte des Imperium Romanum vor der eigenen Haustür fasziniert sind. "Ich habe mich bemüht, so verständlich wie möglich zu schreiben. Da ich mir mein Wissen selbst erarbeitet habe, stellten sich mir eine Menge Fragen, die auch andere Hobbyhistoriker interessieren dürften, jedoch für Numismatiker viel zu selbstverständlich sind", sagt Hägele.

Bis zur Gründung der Gesellschaft für Archäologie 1998, deren Vorsitzender er lange war, habe er so gut wie keine Ahnung von Numismatik gehabt. Nach seiner Pensionierung hatte er allerdings zusammen mit seiner Frau über zwei Semester in Salzburg Vorlesungen beim Archäologen Günther Thüry gehört, der ebenfalls eine Zeitlang Funde im Depot in Gauting auswertete und mit der römischen Vorgeschichte des Orts bestens vertraut ist.

Die gefundenen und ausgewerteten Münzen stammen aus fünf Jahrhunderten - von der römischen Republik im letzten Jahrhundert vor Christus bis zum Niedergang der Kaiserzeit unter Diokletian im vierten Jahrhundert nach Christus, sie reichen vom wertvollen Goldstück, dem Aureus, bis zum winzigen Kleingeld, dem Quadrans. Die wichtigste und wertvollste Goldmünze, die seinen Forschertrieb anstachelte, ist ein Aureus des Domitian (82 nach Christus), die dieser zu Ehren seiner Gattin Domitia prägen ließ. Hägele selbst hat das Geldstück zufällig bei einer Grabung im Reismühlenviertel in Gauting gefunden. Sobald er den Wert erkannte, deponierte er den Aureus im Tresor der Sparkasse.

Es ging ihm indes nicht nur darum, mit Unterstützung seiner Frau die 930 Vorder- und Rückseiten der Münzen zu entziffern, nachzuschlagen, zuzuordnen und zu dokumentieren, er suchte auch nach ihrer Bedeutung im täglichen Leben und Hinweise auf die Entwicklung von Bratananium. Wie wichtig der kleine Vicus als Durchgangsstation und Handelsplatz war, kann man zum Beispiel aus den Entfernungen der Prägeorte der Geldstücke erkennen. Die meisten Münzen stammen aus Rom, doch selbst Geld, das aus Osca im Norden Spaniens oder Laodicea im heutigen Syrien stammt, ist in Gauting aufgetaucht. Die ersten Münzfunde sind aus dem 19. Jahrhundert belegt. "Die Pfarrer waren die ersten, die von den römischen Münzen Notiz nahmen, da immer mal wieder römisches Kleingeld in den Opferstöcken auftauchte", so Hägele. Die Geistlichen sollen sie zwar beim "Historischen Verein von Bayern" abgeliefert haben, allerdings gibt es davon keine Spur mehr. Auch andere Münzen, die bereits 1960 dokumentiert wurden, sind verschollen. Gefunden wurden sie durch Zufall und bei professionellen Grabungen: im Bereich von Ansiedlungen wie im Reismühler-Viertel, in Abfallgruben, an Straßen und Wegen und auf Gräberfeldern wie beim Bau des neuen Rathauses oder als gut versteckte Schätze an den Grundmauern von ehemaligen Gebäuden.

Interessierten Bürgern wird das Buch "Römische Münzen aus Gauting" (16,80 Euro) zusammen mit dem Kalender 2017 der Archäologen (19,80 Euro) am Mittwoch von 16 Uhr an im Gautinger Rathaus offiziell vorgestellt.

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