Gauting:Wenn die Rente nicht reicht

In Gauting sind 120 Menschen auf Lebensmittelspenden der Tafel angewiesen. Von der Sozialstiftung gibt es bisher ein Weihnachtsgeld für Arme, doch der Posten wird nun gestrichen

Von Michael Berzl, Gauting

Mitten in Gauting entsteht gerade ein Neubau mit Wohnungen, die eine Million Euro kosten, und in der Villenkolonie gibt es Anwesen, die noch viel mehr wert sind. Gleichzeitig wohnen in der Gemeinde Rentner, die nicht genug Geld haben, um sich Essen zu kaufen. So weit geht die Schere zwischen arm und reich dort auseinander. Hier Luxusimmobilien und dort Menschen, die auf Lebensmittelspenden der Gautinger Tafel angewiesen sind und von der Sozialstiftung zu Weihnachten 150 Euro bekommen. Allerdings wird dieses Geschenk nun gestrichen. "Die Weihnachtszuwendung können wir in diesem Jahr gar nicht bezahlen", sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger im Finanzausschuss.

Im Rathaus gibt es eine ganze Liste von armen Rentnern, die Geld bekommen, "damit sie sich ein Festessen oder ein Geschenk für den Enkel leisten können", wie Kössinger sagte. Doch heuer werden diese Zahlungen wohl ausbleiben.

Die Entwicklung an den Finanzmärkten macht der Haerlin'schen und Ludwig-und-Marie-Therese-Stiftung genauso zu schaffen wie allen Sparern. Da die Zinsen so niedrig sind, lassen sich mit sicheren Kapitalanlagen wie Wertpapieren kaum mehr Einnahmen erwirtschaften. "Das ist ein Problem, mit dem alle Stiftungen kämpfen", weiß Kössinger. In den vergangenen drei Jahren seien die Ausschüttungen höher gewesen als die Einnahmen und Spenden, berichtete die Gemeindekämmerin Heike Seyberth, die im Ausschuss die finanzielle Situation der Stiftung erläuterte.

Angesichts sinkender Zinsen wurde das Vermögen umgeschichtet in Immobilien; das hat wiederum zur Folge, dass der Unterhalt von Gebäuden Kosten verursacht, zumal diese Aufgabe lange vernachlässigt wurde. Kämmerin Seyberth versucht nun, das Vermögen der Stiftung zu bewahren und gleichzeitig deren sozialen Zweck zu erfüllen. "An die Substanz dürfen wir aber nicht gehen", mahnte Bürgermeisterin Kössinger in der Sitzung am Dienstag.

Wie viele Menschen in Gauting auf Zuwendungen angewiesen sind, machte auch der Bericht von zwei Vorstandsmitgliedern der Gautinger Tafel in der Ausschusssitzung deutlich. Der Verein, der in Supermärkten aussortierte Lebensmittel abholt, um sie gratis an Bedürftige zu verteilen, hat 120 "Kunden", wie Claudia Schuldes-Hott sagte, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. In deutlich höherem Ausmaß als im Bundesdurchschnitt sind in Gauting alte Menschen von Armut betroffen. Mehr als ein Drittel ihrer Kunden seien Rentner, berichtete die Tafel-Vorsitzende Monika Fliedner; durchschnittlich sei es jeder vierte.

Bei der Gautinger Tafel, die vor zehn Jahren gegründet wurde, engagieren sich nach den Worten von Schuldes-Hott 25 ehrenamtliche Mitarbeiter, um die Verteilung der Lebensmittel einmal pro Woche zu organisieren. Die jährlichen Kosten von etwa 10 000 Euro würden ausschließlich aus Spenden finanziert, es gebe keine Förderung von Bund oder Land. Immerhin stellt die Gemeinde kostenlos die Räume zur Verfügung. Demnächst zieht die Tafel um vom Krapfberg in einen Neubau an der Grubmühlerfeldstraße.

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