Gauting:Ungewöhnliche Begegnung

Jazz meets Opera; Konzert in der Remise

Grenzgang im Programm des Kleinen Sommerfestivals in der Gautinger Remise: Opernsängerin Brigitte Geller spielt gemeinsam mit einer Jazz-Kombo.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Jazz und Oper passen nicht zueinander? Brigitte und Maximilian Geller beweisen das Gegenteil

Die als Kammersängerin ausgezeichnete Sopranistin Brigitte Geller ist eine durch und durch klassische Opernsängerin, die seit zwei Jahrzehnten zum Ensemble der "Komischen Oper Berlin" gehört. Jazz gehört nicht zum Portfolio der Schweizer Künstlerin. Dass sie sich dennoch auf den Grenzgang im Programm des 10. Kleinen Sommerfestivals in der Gautinger Remise des Schlosses Fußberg einließ, lag wohl daran, dass der Frontmann der Combo ihr Bruder ist: der Saxophonist Maximilian Geller. Neu ist das Projekt allerdings nicht, haben doch die Geschwister wohl schon 2007 eine CD zu diesem Thema gemeinsam herausgebracht.

Jazz und Oper passen nicht per se zusammen, schon gar nicht, wenn es um "Amore e Morte" geht und die Handlung in der jeweils spezifischen Weise eine Verdichtung erlebt. Mit einem kleinen Trick klappte es dennoch: Die Musiker wählten ausgesprochen lyrische Arien, deren harmonische Entwicklung relativ langsam verläuft. Mit Walter Lang (Flügel), Manolo Díaz (Kontrabass) und Hajo von Hadeln am stark reduzierten Schlagzeugset ergänzten zudem einfühlsame Jazzmusiker das Ensemble. Der entsprechende Zugriff zauberte daher eine schönmelodisch-imaginative, meist warmtonige Klanglandschaft, in der Brigitte Geller Arien von Mozart, Puccini, Bellini oder Verdi darüber spannte. Mit Fingerspitzengefühl und grandioser Stimmbeherrschung setzte sie darüber hinaus ihre Stimme als Instrument ein.

"Amore e Morte" findet in Opern meist in weiten, lieblichen oder dramatischen Melodien und getragenen Tempi Einsatz, was die Musiker vor das Problem der rhythmischen Umsetzung stellte. Die Lösung kam mit metrischer Umdeutung, indem die Combo einen gewissen Drive, bisweilen auch Groove unterlegte, wodurch die melodischen Linien der Arien an Weite gewannen. Ein grundsätzliches Rezept für die Begegnung von Oper und Jazz gibt es nicht. Für die sensible Zusammenkunft mussten auch die Jazzmusiker Kompromisse eingehen, um Homogenität zu finden. Maximilian Geller setzte auf Klangwärme und erzielte eine Annäherung an die menschliche Stimme in männlicher Stimmlage. Die Duett-Konstellation brachte die Verbindung, auch wenn die Saxophonstimme behutsam in Jazzharmonien umspielte. Auch Lang nahm aus seinen Improvisationen einen Gang raus. Selbst in seinen Soloimprovisationen behielt er die melodische Komponente der Arien bei. So gelang selbst in "Ach, ich fühl es" aus Mozarts Zauberflöte eine Verbindung, die kaum als verjazzte Klassik bezeichnet werden kann. Oper und Jazz behielten hier ihre Eigenheiten, ohne sich zu verbiegen.

Gerade bei Mozart wurde deutlich, dass auch ernster Musik ein vergnüglicher Unterhaltungswert enthalten ist. Mit der Zauberflötenouvertüre war den Instrumentalisten eine Überraschung gelungen: Im weichen Club-Sound erkannte wohl kaum jemand die Herkunft des Themas. "La ci darem la Mano" aus Mozarts "Don Giovani" bestach indes mit beschwingter Leichtigkeit. Aber auch ernstere Partien vertrugen sich gut mit der Auslegung in Jazz - wenn auch auf andere Art: In "Addio del Passato" aus Verdis "La Traviata" etwa brachte die rezitativische Erzählung zunächst ein vorantreibendes Element ins Spiel, ehe der kreisende melodische Part eine elegische Note einführte. Diese Charakteristik ermöglichte der Gesangssolistin, eine Art Soundscapes über das instrumentale Geschehen zu spannen. Und diese poetischen Ausschweifungen waren es gerade, die das doch überraschend zahlreiche Publikum am meisten begeisterte. Die Zartheit der Singstimme im kristallklaren Sopran gegenüber der warmtonigen, insbesondere im Saxophon und Kontrabass plastischen Klanglichkeit der Jazzcombo entwickelte eine überaus berührende Wirkung. Ob nun in "Ah, non credea mirati" aus Bellinis "La sonnambula", "O mio babbino caro" aus Puccinis "Gianni Schicchi" oder schließlich in der Zugabe "Quando m'en vo" aus "La Bohème": Die emotionale Tiefe erfasste auch die Jazzauslegung und bescherte wohligen Hörgenuss.

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