Gauting:Und er kommt doch

Gauting: "Es gibt auch gute Nachrichten", verkündet Theo Waigel in Gauting.

"Es gibt auch gute Nachrichten", verkündet Theo Waigel in Gauting.

(Foto: Arlet Ulfers)

Eigentlich wäre der frühere CSU-Vorsitzende Theo Waigel lieber in Kaufbeuren, doch der Gautinger CSU-Chef hat ihn früher gebucht

Von Blanche Mamer, Gauting

Eigentlich geht er ja nicht mehr zu CSU-Ortsversammlungen. Warum er in Gauting eine Ausnahme gemacht hat, erklärt Theo Waigel gleich zu Beginn seiner Rede damit, dass ihn viel mit der Familie Ebner, dem Großvater und Urgroßvater aus dem Schwäbischen, verbindet. Doch um ein Haar wäre er doch noch wankelmütig geworden, auch das erläutert der frühere Bundesfinanzminister und CSU-Ehrenvorsitzende am Freitagabend im Schloss Fußberg in Gauting, beim Neujahrempfang der CSU. Das war so: Der junge Ortsvorsitzende Stephan Ebner hatte ihn eingeladen, der Mitarbeiterin aber sogleich nassforsch erklärt, er brauche die Zusage bis zum Abend. "Der Kerl traut sich ganz schön was, aber ich lass' mich doch nicht mehr drängen, war mein erster Gedanke", sagt Waigel. Zugesagt hat er dann aber doch flugs.

Was ihm später ein klein wenig leid tat, das ist klar herauszuhören. Denn da kam dann noch für ihn die Einladung nach Kaufbeuren zu einer Lesung mit Martin Walser, da wäre er liebend gern hingegangen. Schließlich war Walser 1988 zur CSU nach Wildbad Kreuth gekommen, wofür er heftigst kritisiert worden war. Unfassbar war das damals für die Presse und den Literaturbetrieb. Walser habe sich unmissverständlich für die Deutsche Einheit ausgesprochen. Ja, und dann habe der Schriftsteller auf die Frage, mit wem er gern eine Nacht verbringen würde, "ohne zu zögern, geantwortet, mit den Schafkopf-Freunden der CSU". Wenn das kein Grund ist, dem 89-Jährigen den Vorzug zu geben. Doch versprochen ist versprochen, Gauting bekommt also die Ehre. Der Ortsvorsitzende blickt sehr zufrieden und die etwa 100 Gäste, unter ihnen Landrat Karl Roth und die Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig, freuen sich.

Wie nicht anders zu erwarten, kommt der Ex-Finanzminister schon bald zur Sache: Inmitten all der negativen Nachrichten über Krisen, Kriege und Terror habe er etwas Positives gefunden, nämlich, dass Frankreich die Euro- Stabilitätskriterien einhalte. "Eine wirklich gute Nachricht" findet Waigel. Deutschland habe jetzt glückliche 25 Jahre hinter sich, und trotz der aktuellen Krisen gelte es, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Wenn man 1990 gewusst hätte, dass die Wiedervereinigung viertausend Milliarden D-Mark kosten würde, wäre bei einer Volksbefragung die Ablehnung sicher gewesen, sagt Waigel. Bei einem Vortrag in Südkorea sei er nach den Kosten der Einheit gefragt worden. "Ich bin mir nicht sicher, ob bei solchen Zahlen der Wunsch bleibt, die Mauer einzureißen, oder sie nicht doch lieber noch höher zu bauen."

Dann das Thema Flüchtlinge: Deutschland lebe von den offenen Grenzen der Europäischen Union, darum müssten die Außengrenzen geschützt werden. Damit ist er bei der "christlichen Pflicht, den Ärmsten der Armen zu helfen". Jedoch: Wenn die anderen EU-Länder nicht solidarisch sind, könne man von Deutschland nicht verlangen, alle allein zu retten. "Das habe ich auch der Bundeskanzlerin gesagt." Die Gäste, die vom Stehen und der stickigen Luft im Schwanthaler Saal langsam erschöpft sind, klatschen Beifall.

Nach einer knappen Dreiviertelstunde wird Waigel mit langem Applaus verabschiedet. Er hat etwas Mühe, in der überfüllten Garderobe den richtigen Mantel herauszufischen, was Ebner zu dem Vorsatz animiert, dies beim nächsten Mal besser zu organisieren. Mit dem Gautinger Schloss hat die CSU noch nicht so viel Erfahrung, hat sie doch viele Jahre den Neujahrsempfang im Festsaal des Gasthofes Böck in Unterbrunn ausgerichtet.

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