Gauting:Solisten fernab vom Egotrip

Ensemble mit Preisträgern des ARD-Musikwettbewerbs im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Es ist ein heikles Unterfangen, Musiker zu kammermusikalischen Ensembles zu formieren, die sich in erster Linie als Solisten bewährt haben. Aber keine Frage: Nur wer ein Meister am Instrument ist und eine ausgeprägte Persönlichkeit hat, kann bis zum Finale des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD München vordringen. Ob nun erst-, zweit- oder drittplatziert - alle Preisträger verfügen über ein enormes musikalisches Potenzial. Und das sollte im Gautinger Bosco in den beiden aufeinanderfolgenden Kammermusikabenden in derselben Besetzung deutlich werden. Obgleich die vier Musiker im Alter von 22 bis 30 Jahren erst seit wenigen Tagen zusammen musizieren, präsentierte sich ein homogener Klangkörper, der sich bis zur feinsten Detailarbeit vorwagte. Das Ensemble hielt die Spannung vom ersten bis zum letzten Ton, die Musiker kommunizierten intensiv miteinander, sodass Interpretationen aus einem Guss hervorgingen. Dennoch wurden sehr unterschiedliche Persönlichkeiten spürbar.

Christel Lee (USA) an der Violine machte einen besonnenen, ja zurückhaltenden Eindruck. Bis zur Violinsonate G-Dur op. 30/3 von Beethoven, in der sie überraschend ausgeprägtes Temperament und Kraft offenbarte. Und dieser Wandel funktionierte auch deshalb so gut, weil sich der Pianist Florian Mitrea (Rumänien) mit ausgesprochener Flexibilität hervortat. Mit seiner grandiosen Anschlagstechnik konnte er selbst die virtuosesten Passagen weit zurückzunehmen, um die Geschlossenheit des Ensembles aufrechtzuerhalten. Seine Differenzierung bot jeder noch so zarten Färbung ein pianistisches Äquivalent, ob nun in munterer Leichtigkeit (Mozarts Klavierquartett g-Moll KV 478), in impressionistisch flimmernder Empfindsamkeit (Faurés Klavierquartetts c-Moll op. 15) oder im konzertanten Ansatz (Klavierquartett Es-Dur op. 16 von Beethoven, ursprünglich ein Bläserquintett mit Klavier).

Dem jüngsten im Bunde, dem Cellisten Bruno Philippe (Frankreich), fiel es schwer, aus sich zu gehen und das Publikum an seinen Emotionen teilhaben zu lassen. Doch sein Spiel zeugte von großer Einfühlsamkeit. Gerade in der Streichtriobesetzung im galanten Haydn-Divertimento (B-Dur Hob. V:8) oder in Schuberts noch mozartnahem Streichtriosatz (B-Dur D 471) vermochte Philippe den Ensembleklang sehr sanglich in der Tiefe abzuschließen. Yura Lee (Südkorea) an der Viola musizierte nicht nur in zentraler Lage. Ihr selbstbewusstes Auftreten und ausgesprochen sicheres Spiel bündelte in gewisser Weise die Ensemblekraft in ihrem Part. Die Musik erklang aus der Mitte heraus, was der Balance zugutekam. Eine großartige Vorstellung gab die Bratschistin, die im Übrigen eine ebenso erfolgreiche Geigerin ist, mit Kodálys Sonate op. 8, hier vom Cello-Solo auf die Viola übertragen. Dass am Ende der beiden Konzerte Brahms' Klavierquartett g-Moll op. 25 stand, erwies sich als klug gewählt. Ein Befreiungsschlag für die jungen Musiker, die nun ihre virtuose Instrumentenbeherrschung voll ausspielen konnten. Lang anhaltende Ovationen des beglückten Publikums.

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