SZ im Dialog:Radler, Senioren und ihre Nöte

Was Gautinger an ihrer Gemeinde vermissen: Sichere Radwege, das Fehlen eines Altenpflegeheims und das neue Kino beim Bahnhof werden viel diskutiert

Von Otto Fritscher, Gauting

Was die Gautinger bewegt und beschäftigt - das konnten die Redakteure beim SZ-Dialog im Gautinger Bosco hautnah erfahren. Etwa fehlende Radwege, mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten und die Situation der älteren Bürger. "Um die Alten kümmert man sich in Gauting viel zu wenig", ist etwa die Meinung von Konrad Rieger. Der 87-Jährige, der seit 1960 in Gauting wohnt, ist zwar noch gut beinander, aber für den Fall, dass er oder seine Frau Erika einmal einen Platz in einem Alten- oder Pflegeheim benötigen sollten, "dann sieht es in Gauting schlecht aus", sagt der ehemalige Abteilungsleiter bei der Firma Apparatebau. Er erinnert daran, dass das Caritas-Altenheim vor zwei Jahren aufgelöst worden ist und bislang kein Ersatz geschaffen wurde. "Wir müssten irgendwo in der Umgebung einen Platz suchen", sagt Rieger.

Dafür ist er mit den Radwegen in Gauting zufrieden, Rieger fährt jeden Tag mit dem Rad 15 Kilometer, um sich fit zu halten. "Nur den Bahnhofsberg hinunter ist es blöd, da fehlt ein Radweg." Das findet auch Siegfried Bartel. Seit 1950 lebt er in Gauting. Jetzt hat er ein Elektrorad, was ihn die Straße hoch zum Bahnhof mühelos meistern lässt. "Aber ein Fahrradweg täte hier echt not."

Egon Starp bemängelt ebenfalls, dass für die Radfahrer mehr getan werden sollte. "Da passiert wenig." Bei einem Workshop hat er zahlreiche Verbesserungsvorschläge formuliert, keiner davon sei aber bisher umgesetzt worden, beklagt der 69-jährige Rentner. Ein besonderer Gefahrenpunkt ist seiner Ansicht nach die abschüssige Nimrodstraße zum Grubmühlerfeld. Dort habe er selbst schon entgegenkommenden Radlern in den Acker ausweichen muss. Großes Gefahrenpotenzial für Radler sieht Starp auch auf dem Weg vom Pippinplatz zur Bahnunterführung. Innerhalb eines halben Jahres habe er dort drei Unfälle beobachtet. Ein weiteres Beispiel: die schlecht beleuchtete Unterführung bei der Hubertusstraße. Dort sei es so dunkel, dass Hindernisse kaum zu erkennen seien. Aber insgesamt sei Gauting ein Ort, "in dem man gut leben kann".

Gauting: SZ im Dialog

Im Dialog mt der SZ: Redaktionsleiterin Sabine Bader und Siegfried Barthel.

(Foto: Nila Thiel)

"Das neue Kino, das zur Zeit neben dem Bahnhof gebaut wird", ist eine sehr gute Sache, der Standort ist optimal", sagt Rudolf Siepenkötter. Der 73-Jährige bezeichnet es allerdings als großes Ärgernis, dass das Bahnhofsumfeld noch immer nicht genau überplant ist. "Schade finde ich es auch, dass die S-Bahnstation Mühlthal nicht mehr existiert. Das wäre für viele Pendler und Ausflügler immer noch interessant."

Für seinen Bekannten Hans Ulrich May ist auch wichtig zu erfahren, was aus dem ehemaligen Grundschulgebäude an der Bahnhofstraße wird. Das gleiche gelte für das leer stehende Caritas-Altenheim. Auf Kritik stößt die Planung für das Grill-Grundstück. "Sie gefällt mir nicht", sagt May, weil mitten im Ort ein moderner Klotz entsteht. Außerdem fehlt nach Ansicht von May und Siepenkötter ein Fußweg, der von der Würmbrücke bis zum Sportplatz führt. Siepenkötter kritisiert zudem, dass die Gemeinde Gewerbeansiedlungen zu lange vernachlässigt habe.

Heinz Tuchenhagen, der seit 1975 in Stockdorf lebt, hat ein Archiv mit 150 Ordnern angelegt, um die Beschlüsse der Gemeinderäte zu überprüfen - und was daraus wird. Er begrüßt, dass das alte Forstamt für Asylbewerber genutzt wird, auch wenn es sicherlich auf Dauer zu klein sei. Er sei selbst Flüchtling gewesen. Er wohne selbst im Dichterviertel, vermisse aber Hinweise an den Straßenschildern zu den jeweiligen Straßennamen, wie es in Gräfelfing gemacht werde. Bürgersprechstunden und -versammlungen seien zu wenig, um zu erfahren, was die Gautinger denken. Die Gemeinderäte sollten mehr mit den Bürgern reden. Immerhin, der Weg am Bennoweiher sei eine Bereicherung für Stockdorf. Eine Stockdorferin möchte, dass sich die Gemeinde endlich dafür einsetzt, dass der Bahnhof Stockdorf saniert und behindertengerecht ausgebaut wird. "Es ist unmöglich für alte Leute mit Rollator oder Mütter mit Kinderwägen, diese Treppe hochzusteigen."

Hans Wilhelm Knape aus Hausen setzt sich dafür ein, dass die geplante Verbreiterung der Unterführung Königswiesen nochmals überprüft wird, und dass auf jeden Fall ein Radweg durch diese Unterführung gebaut wird. "Davon ist jetzt nicht mehr die Rede." Außerdem möchte er, dass die Ortsdurchfahrt Hausen mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung belegt wird, sobald der Verkehrskreisel an der Waldkreuzung fertig ist. "Es geht um die Sicherheit der Kinder, der Radfahrer und der Pferde." Knape und seiner Frau Sabine kommt in Gauting auch die soziale Komponente zu kurz. Es fehlt ihnen das Miteinander, es mangele an bezahlbaren Wohnungen für junge Einheimische. Knape fordert, dass die Gemeinde in genossenschaftliche und Zweckverbandswohnungen investiert. Auch gebe es keine Einrichtungen am Ort, wo sich junge Familien treffen können wie beispielsweise im Mütterzentrum in Herrsching. Bei der Energiewende gehe nichts weiter, kritisiert Knape. "Es wird nur das Regionalwerk gesehen und darüber hinaus nichts." Allgemein finden die Knapes, dass bei Entscheidungen des Gemeinderates zu sehr nach Interessen des Geldes geschaut werde und nicht nach dem Wohl des einfachen Bürgers. Anna Haußer kritisiert, dass es in Gauting an Kommunikation fehlt. "Daher ist es wichtig, ein Begegnungszentrum zu schaffen." Auch innovative Ideen müssten mehr berücksichtigt werden. Dazu gehören Schaukeln an einer Bushaltestelle und Bänke für Tramper. Außerdem sollten Gemeinderatssitzungen live übers Internet übertragen werden, dann würde das Klima in den Sitzungen sicherlich besser werden. In anderen Orten sei dies schon länger möglich. Die Grundstückspreise seien in Gauting viel zu hoch, auch die Mieten sollten wieder günstiger werden, wie die pensionierte Lehrerin meint. Sie würde auch mehr kleine Geschafte begrüßen.

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