Gauting:Liebe & Landmine

Das Bosco befasst sich mit dem Irak

Ein kleines Kind sitzt an einem mächtigen Baum mit freiliegenden Wurzeln, es hat den Blick gesenkt, scheinbar um diese merkwürdigen Gefäße im Vordergrund zu mustern. Spielzeug? Sandeimer? Nein, das sind Landminen. Waisenkinder in einem kurdischen Flüchtlingslager verdienen sich ein wenig Geld mit dem Aufspüren der Sprengfallen. Der 13-jährige "Satellit" ist so etwas wie ihr Anführer, ein Junge, der besonders cool tut, sich dann aber über beide Ohren verliebt, als die junge Agrin in das Lager kommt. Sie hat ihren verkrüppelten Bruder dabei und ein zweijähriges blindes Kind.

Liebe zwischen Landminen - Bahmann Ghobadis "Turtles can fly - Schildkröten können fliegen" zeigt Bilder aus einer bewegenden und verstörenden Welt. Was womöglich für die meisten Beiträge dieses kleinen Festivals gilt: Das Gautinger Bosco widmet sich in der Reihe "Länder an der Schwelle" nämlich dem Irak. Gemeint ist mit dem Titel: Staaten, die kurz vor Krieg, Zerstörung und dem Verlust von Kultur und Geschichte stehen, oder aber auf dem Weg zum Wandel und zur Entwicklung von der totalitären zur demokratischen Gesellschaft sind.

Drei Filme stehen auf dem Programm, dazu eine Lesung und ein Vortrag. Auftakt ist an diesem Sonntag, 10. April, mit einer Ausstellung: Martin Weiss, der bis zu seinem Ruhestand als Referent der SPD-Fraktion im Bundestag arbeitete und auf Südosteuropa, den Nahen und Mittleren Osten spezialisiert ist, zeigt Bild aus dem Kurdistan. Das Land hat eine Höllenfahrt hinter sich. Nach Saddam Husseins Sturz setzte der Wiederaufbau ein. Kurdistan erlebte ein Wirtschaftswunder, der Staat gilt inzwischen als positive Ausnahme im Nahen Osten, was demokratische Strukturen und die Behandlung von Frauen und Minderheiten betrifft. Weiss und der Journalist Abbas al-Khashali aus Basra werden bei der Vernissage Vorträge über Kurdistan-Irak halten, der Eintritt ist frei.

Nach "Schildkröten können fliegen" verwandelt sich das Bosco noch an zwei weiteren Abenden in ein Kino. Am Dienstag, 26. April, steht "Bekas" von Karzan Kader auf dem Programm, die anrührende Geschichte von zwei Brüdern, die sieben und zehn Jahre alt sind, in Kurdistan leben und sich auf dem Esel "Michael Jackson" aufmachen, um Amerika zu erreichen. Und am 10. Mai läuft "Babel" mit Brad Pitt und Cate Blanchett, der Episodenfilm des Mexikaners Alejandro González Iñárritu, der weltumspannend von den Folgen der Gewalt und der Ungerechtigkeit erzählt.

Eine Autorenlesung am Freitag, 15. April, macht das Fest komplett. Carola Wegerle stellt Auszüge aus ihrem Roman "Die Irak-Mission" vor. In der Geschichte geht es um eine junge Ärztin, die sich auf einen Einsatz im Nordirak einlässt und dabei in ein Ränkespiel gerät. Alle Abende beginnen um 20 Uhr, weitere Infos unter 089/45238580.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: