Gauting:Im Reich der Tasten

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In der Gautinger Insel startet ein außergewöhnlicher Nachhilfeunterricht: Schüler der Würmtal-Realschule erklären Senioren den Gebrauch von Handys. Besonders gefragt ist das Verschicken von SMS.

Alexandra Krug

Handysprechstunde für Senioren Gauting Handysprechstunde für Senioren in der Gautinger Insel. Im Bild Rose Mößmer mit Jonas und Nico. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Stimmung in der Gautinger Insel ist fröhlich und ausgelassen. In Zweiergruppen geben hier Schüler der Würmtal-Realschule eine außergewöhnliche Nachhilfestunde: Es geht um den Gebrauch von Handys, und Senioren sind ihre Schüler. Im Vorraum wartet bereits Renate Specht voller Zuversicht. "Ich finde die Idee sehr gut und hoffe einfach, dass ich jetzt lerne, wie man eine SMS versendet", sagt die 79-Jährige. Mit diesem Wunsch steht sie nicht alleine da. Denn die meisten betagten Nachhilfeschüler sind aus diesem Grund gekommen. Kein Problem für die 13- bis 16-Jährigen. Eva Bormann (14), Laura Meißnitzer (13), Nico Bauer (16), Jonas Kirschner (13), Damla Dönmez (14) und Vivien Berger (13) macht es sichtlich Freude, ihr Wissen mit den Seniorinnen zu teilen. "Sonst helfen immer die Älteren den Jüngeren. Ich finde es schön, dass das jetzt einmal andersherum ist", erklärt Damla begeistert.

Die Idee für die Handy-Sprechstunde hatte Inga Schauder, Leiterin der Gautinger Insel. Sie kenne viele Senioren, die Probleme damit haben, die immer komplizierter werdenden Mobiltelefone zu bedienen. Für Menschen, die nicht mit Touchscreen aufgewachsen sind und die lieber eine echte Wasserwaage in die Hand nehmen statt die entsprechende App zu benutzen, ist die Nachhilfestunde eine willkommene Gelegenheit, sich mit dem eigenen Handy auseinanderzusetzen. Und so nahm Schauder Kontakt mit der Gautinger Realschule auf und stellte die Idee vor, die bereits in der Herrschinger Insel und anderen Einrichtungen sehr erfolgreich läuft. "Es ist eine gute Gelegenheit, die Generationen zusammen zu bringen", erklärt die 48-Jährige.

Sichtlich stolz blickt sie den jungen Nachhilfelehrern immer mal wieder über die Schulter. Mit viel Geduld und Feingefühl erklären diese, wie man eine SMS wieder löscht oder wie man sein Guthaben abruft. Während die Jugend erklärt, machen sich die Älteren eifrig Notizen, um das soeben Gelernte zu Hause noch weiter zu vertiefen. Auch, wenn sie die einzelnen Schritte manchmal ein zweites Mal erklären müssen, bringt das die Schüler nicht aus der Fassung. "In der Schule fragen wir ja auch immer bei den Lehrern nach", sagt Eva . Damit sich die Gäste auch wohl fühlen, stehen Getränke bereit. Und die beiden Hähne im Korb, Nico und Jonas, haben sogar gemeinsam gebacken.

Die Rückmeldungen der zehn Seniorinnen sind durchweg positiv. Auch Renate Specht ist begeistert, als sie die Nachhilfestunde verlässt. "Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben, und das mit Erfolg", erzählt die Gautingerin. Ihrer Meinung nach seien Erwachsene oftmals zu hektisch: "Jüngere Leute haben da bessere Nerven." Erfahrung haben die sechs Realschüler auf jeden Fall: Immerhin haben sie ihren Großeltern in Sachen Handy auch schon oft unter die Arme gegriffen. "Von den älteren Leuten kann man viel lernen, aber andersherum ist es genauso", findet Nico.

Dieser Meinung ist auch Rose Mößmer. Die Gautingerin war von der Aktion sofort "hellauf begeistert." Sie findet es toll, dass so junge Leute sich ehrenamtlich betätigen. Anerkennend meint sie darum auch: "Die Jugend taugt sehr wohl etwas." Für ihr Engagement erhalten die jungen Helfer nicht nur Zertifikate, sie werden auch mit Schokolade und kleinen Spenden belohnt.

Die 13- bis 16-Jährigen sind sich jetzt schon sicher, dass sie mit den Nachhilfestunden weitermachen wollen. Denn falls die Nachfrage so bleibt, "besteht die Möglichkeit auf eine regelmäßige Sprechstunde", erklärt Inga Schauder. Ein nächster Termin könnte darum schon im April stattfinden. Dabei sei es egal, ob ein Rentner oder eine Rentnerin nur eine Frage hat oder ob es das Telefon ganz neu zu erforschen gilt. Letzteres war bei Elfriede Gordon aus Gauting der Fall. "Mein erstes Handy habe ich aus Versehen im Putzeimer ertränkt", erklärt sie mit einem Lächeln. Nun kennt sie sich mit der Hilfe der jüngeren "Generation SMS" mit ihrem neuen Handy schon bestens aus.

© SZ vom 09.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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