Gauting:Grenzgänger trifft Durchblicker

Lesezeit: 2 min

Der Gautinger Kunstverein setzt ein Zeichen mit der Präsentation dreier spannender Künstler im Rathaus: Mathias Dietze, Martin Potsch und Andi Schmitt

Von Katja Sebald, Gauting

Der Gautinger Kunstverein präsentiert in seiner aktuellen Ausstellung, die am Donnerstagabend im Gautinger Rathaus eröffnet wurde, mit Mathias Dietze, Martin Potsch und Andi Schmitt drei Künstler, die "drei Positionen zur gegenständlichen Malerei" vertreten, wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten. Nicht nur die ausstellenden Maler, sondern auch der neue Vereinsvorstand, bestehend aus den drei Künstlern Dieter Stein, Bernd Wiedemann und Christina Paeschke, kann sich mit dieser durchaus reizvollen Zusammenstellung profilieren.

Der aus Chemnitz stammende Maler und Illustrator Mathias Dietze arbeitet in unterschiedlichen Techniken und mit unterschiedlichen Materialien: Er verklebt Holzspäne, Stroh, Pappe und Papier, verspachtelt sie in pastos aufgetragenen Farbschichten oder übermalt Fotos und Zeitungsausschnitte. Vielschichtigkeit und Öffnungen, die Durchblicke auf Dahinterliegendes erlauben, sind eine wiederkehrende Thematik in seinen Bildern, von denen einige auf der Leinwand präsentiert werden, andere hinter Glas. Als gegenständliche Malerei im eigentlichen Sinn lässt sich in dieser Ausstellung allerdings nur eine einzige Arbeit bezeichnen: eine allein wegen ihres Titels, aber auch wegen ihrer verspielt-luftigen Großzügigkeit charmante "Tischlandschaft". Sein Können im Umgang mit der Farbe freilich stellt Dietze vor allem mit der abstrakten Komposition "Rot geht zur Arbeit" unter Beweis.

Der Grafikdesigner Martin Potsch, der sein Atelier in Haidhausen hat, ist ein künstlerischer Grenzgänger, der es in der Vergangenheit immer wieder geschafft hat, mit seinen Aktionen Schlagzeilen zu machen. So malt er etwa seit einigen Jahren jede Woche drei postkartengroße Bilder, die er dann auf Ebay versteigert. In Gauting zeigt er nun fünf großformatige Bilder, die, wie alle seine aktuellen Arbeiten, nach Fotovorlagen entstanden sind. Seine Malweise könnte man insofern als "impressionistisch" bezeichnen, als sich die wie grob "gepixelt" auf die Leinwand aufgetragenen Pinselstriche, Punkte und Flecken erst im Auge des Betrachters zu Motiven fügen. Diese Motive sind wie zufällig aus Zeitungen oder dem Internet gefunden und sozusagen "alltäglich" - sofern man das "Begräbnis des Hamas-Führers" oder eine "Übung auf einem US-Flugzeugträger" als alltäglich bezeichnen möchte. Einen krassen Gegensatz dazu bildet freilich eine, wohl ebenso zufällig aufgenommene und im selben Gestus umgesetzte, Badeszene am Tegernsee, die nun tatsächlich in impressionistischer Manier mit Lichtreflexen auf dem Wasser spielt.

Über die Landschaftsbilder von Andi Schmitt schließlich kann man lesen, sie seien "eigentlich nur Luft mit wenig Land dabei, keine Fabel, keine Figuren". Das ist aber natürlich die denkbar größte Untertreibung: Der Maler, der an der Münchner Akademie unter anderem bei den Professoren Zacharias und Sauerbruch studierte, aber auch in den Düsseldorf Gerhard Richter über die Schulter schauen durfte, beschäftigt sich mit Himmelsstimmungen und Wolkenformationen, die er mit beinahe fotogleicher Ebenmäßigkeit auf die Leinwand bannt, ohne jedoch das Malerische zu vernachlässigen. In Gauting zeigt der in Würzburg und Randersacker lebende und vielfach ausgezeichnete Künstler Bilder, die in Island, in Lappland oder auf Sylt entstanden sind. Allen gemeinsam ist ein mittleres, nahezu quadratisches Format und ein sehr tiefer Horizont, der viel Raum für das eigentliche Bildthema, nämlich den Himmel lässt. Mit großer Sorgfalt und in geradezu altmeisterlicher Weise widmet sich der Maler den unterschiedlichen landschaftlichen Gegebenheiten, den Stimmungen der Jahreszeiten, der Wetterlagen und der Tageszeiten in feinsten Nuancen von Blaugrautönen.

Die Ausstellung im Rathaus Gauting ist noch bis zum 27. Juni 2016 zu sehen.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: