Gauting:Genug Unterschriften für Bürgerentscheid über "Baukoloss"

Lesezeit: 2 min

Die Gegner der geplanten Neubauten an der Bahnhofstraße wollen die Gautinger über das Wohn- und Geschäftshaus abstimmen lassen.

Von Michael Berzl, Gauting

Die erste Hürde auf dem Weg zu einem Bürgerentscheid über den geplanten Neubau an der Bahnhofstraße in Gauting ist genommen. Nach eigener Einschätzung hat die Initiative genügend Unterschriften gesammelt, um eine Abstimmung zu erzwingen. Am kommenden Montag wollen Vertreter von "Gauting aktiv" die Listen im Rathaus übergeben. Die Initiatoren Angelika Siegmund und Eckhard Müller-Guntrum betonen in einer gemeinsamen Erklärung, ihnen gehe es nicht darum, etwas zu verhindern, "sondern um ein Innehalten, ein Überdenken und Überarbeiten". Zugleich drohen sie damit, das Verwaltungsgericht einzuschalten.

Die Debatten über das geplante Wohn- und Geschäftshaus auf dem ehemaligen Schul-Grundstück wird in Gauting inzwischen sehr emotional geführt. Während Vertreter der Bürgerinitiative die vom Bürgerforum unterstützt wird, noch weitere Unterschriften sammeln, wirbt die Erlanger Immobilienfirma Sontowski auf tausendfach verteilten Faltblättern und Plakaten für ihr Projekt. In sozialen Medien wird eifrig kommentiert. Fast wirkt es, als hätte schon eine Art Wahlkampf begonnen vor der entscheidenden Abstimmung, die voraussichtlich im April stattfindet. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger geht davon aus, dass der Gemeinderat in seiner Januarsitzung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unter dem Motto "keine Baukolosse in Gauting" entscheidet. Dem will sie dann ein eigenes Ratsbegehren für das Vorhaben entgegenstellen.

Eckhard Müller-Guntrum (vorne) wettert gegen gesichtslose Investorenarchitektur. Der Rechtsanwalt ist einer der Wortführer in der Bürgerinitiative gegen den geplanten Neubau an der Bahnhofstraße in Gauting. Beim Ortstermin macht er zusammen mit Mitstreitern seine Kritikpunkte deutlich. (Foto: Arlet Ulfers)

Etwa 1250 Unterschriften brauchen die Initiatoren des Bürgerbegehrens nach Angaben des Rathauses; dieses untere Limit dürfte überschritten sein. "Die Mindestmenge haben wir", sagte Mechthild Lobisch vom Bürgerforum am Dienstag, als die Gegner des Bauvorhabens bei einem Ortstermin an der Bahnhofstraße ihre Argumente darlegten. Valentin Kraemer kündigte siegessicher an: "Wir sammeln 2000". Etliche Listen kursieren noch im Ort. Per Mail kämen Anfragen, wo man unterschreiben könne, berichtete Ulla Ziegler. Die Sammler sind manchmal schon morgens von 6.30 Uhr an unterwegs.

Per Plebiszit wollen sie den Bau eines fünfgeschossigen Gebäudekomplexes mit Läden im Erdgeschoss und 60 Wohnungen in den Etagen darüber verhindern. Bei dem vorgelegten Entwurf handelt es sich in ihren Augen um "gesichtslose 08/15-Investorenarchitektur", wie es in einer Stellungnahme von Siegmund und Müller-Guntrum heißt, die als offizielle Vertreter des Bürgerbegehrens fungieren. Von "Schuhschachteln aus der Warenhausabteilung", sprach Hans Herde. Die Initiative will stattdessen eine ortsverträglichere Architektur. Auf Nachfragen, was das bedeutet, heißt es, die Gebäude sollten ein bis zwei Etagen niedriger und etwas weiter von der Straße entfernt stehen.

Vertreter von "Gauting aktiv" warnen außerdem vor Verkehrsproblemen im Bereich der Ammerseestraße. Zudem kritisieren sie die Zahl von nur 42 Kundenparkplätzen. Im Vergleich: Beim Edeka in Stockdorf seien 180 Stellplätze ausgewiesen. "Aufgrund der hervorragenden Anbindung an Bahn und Bus sowie der sehr guten Erreichbarkeit zu Fuß und mit dem Fahrrad, sind nicht mehr Stellplätze notwendig", erklärt dazu Stephan Meier von der Sontowski Geschäftsleitung. Insgesamt sei die Öffentlichkeit nicht ausreichend an dem bisherigen Verfahren beteiligt gewesen, kritisieren Ziegler und Müller-Guntrum. Sie hätten gerne eine Podiumsdiskussion im Bosco zu dem Thema.

Parallel zum Plebiszit prüft die Initiative auch, ob sich das Bauvorhaben auf rechtlichem Weg kippen lässt. Als mögliche Angriffspunkte sehen sie die Ausweisung des Areals als Sondergebiet, die Erhöhung der Nutzfläche und die Herausnahme aus der Gesamtplanung für ein Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept (Isek). Eventuell wolle er ein verwaltungsgerichtliches Verfahren einleiten, kündigt der Rechtsanwalt Müller-Guntrum in einer Stellungnahme an.

Die Argumente beider Seiten sind auch im Internet nachzulesen. Bürgerinitiative: www.gauting-aktiv.de. Gemeinde: www.gauting.de. "Aktuelles"

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: